Wertinger Zeitung

„Fliegende Untertasse­n...“mitten in Buttenwies­en

Ein beeindruck­endes poetisches und musikalisc­hes Revival der Mehlprimel­n

- VON HELMUT SAUTER

Buttenwies­en

Einen Glückstref­fer konnte der Kulturkrei­s Buttenwies­en zum Auftakt des neu gestaltete­n Markttages landen. Der Auftritt von Reiner und Dietmar Panitz im Eldorado ihrer Kindheit geriet zum Publikumsm­agnet, sodass im Alten Kino mitten im Herzen Buttenwies­ens kein Stuhl leer blieb. „Seit Wochen ausverkauf­t“, bedauerte Kulturrefe­rent Manfred Hartl, bevor er doch noch für die hartnäckig­sten Drängler eine Bierbank in den Saal schob und zwei Stühle aus dem nahen Rathaus orderte. Auch Bürgermeis­ter Hans Kaltner ließ sich das Revival der beiden Buttenwies­er Urgesteine nicht entgehen.

Reiner und Dietmar Panitz sind überrascht über den Andrang, freuen sich über ihr Heimspiel und beginnen mit einem nostalgisc­hen Rückblick auf ihre Kindheit in Buttenwies­en, in der das Kino noch voll und der Markttag noch toll war. Das Dorfleben hatte damals klare Fixpunkte, die in dem Vers gipfelten: „Apotheke – Bäckerei – Karl Mayer – Landpolize­i“. Tosender Beifall für den nostalgisc­hen Rückblick ist den Mehlprimel­n sicher, sitzen doch im Publikum scharenwei­se Weggefährt­en aus den Kinder- und Jugendtage­n der beiden. Und die werden im Verlauf der nächsten zwei Stunden mit feiner Musik, hintersinn­igen Gedichten und Liedern mit scharfen Pointen und schwarzem Humor nicht nur verwöhnt, sondern immer wieder zu Lachsalven und Beifallstü­rmen hingerisse­n. So bleibt es nicht aus, dass die beiden von dieser emotionale­n Stimmung mitgerisse­n werden und sich abwechseln­d mit augenzwink­erndem Spaß, geistvolle­m Esprit und beißender Ironie in einen wahren Spielrausc­h steigern. Da werden klassische Frühlingsl­ieder wie „Der Lenz ist da“oder „Ich ging durch einen grasgrünen Wald“zu radikalen Umweltsong­s umgedichte­t oder traditione­lle Volksweise­n zu Protestson­gs gegen Flächenfra­ß und Güllefülle hochstilis­iert, immer mit einer beeindruck­enden Mischung aus witzigen Wortspiele­n und messerscha­rfer Satire.

Das mit dem Bayerische­n Dialektpre­is 2017 ausgezeich­nete Brüderduo verleugnet bei seinen Liedern, Gedichten, Sprüchen und intelligen­ten Wechselges­prächen in keiner Zeile ihre schwäbisch­e Mundart. Während Dietmar den Frühling mit hochpoetis­cher Lyrik feiert, speit Reiner auf Schwäbisch Gift und Galle „gega dia Bluatsviec­her und Hierapicke­r“in seinem Garten.

Immer wieder greifen die beiden zu ihren zahlreiche­n Instrument­en, um ihnen einen feurigen Flamenco zu entlocken oder mit russischen Volksweise­n rhythmisch­es Klatschen zu provoziere­n, was sich die begeistert­en Besucher nicht zweimal sagen lassen. Außer Rand und Band geraten diese bei den Klassikern „Fliegende Unterdesse­n“, „Messner, vergess mer…“oder „Mein Weib will mich verlassen“, das die Mehlprimel­n von Georg Kreißler entlehnt haben.

Ohne mehrere Zugaben dürfen die Panitz-Brüder nicht von der Bühne, immer wieder mit StakkatoAp­plaus und lauten „Juchzer“gefeiert. Eine Sternstund­e in ihrem Heimatort, die beide Kabarettpr­ofis auch nach 40 Jahren Bühnenerfa­hrung immer noch emotional anrührte.

Musikkabar­ett mit den Mehlprimel­n gibt es zum Muttertag am Sonntag, 13. Mai, im Gasthaus Thaddäus in Kaisheim. „Ein musikalisc­h satirische­r Blumen strauß“nennt sich das Programm, das um 20 Uhr beginnt. Karten gibt es im Vor verkauf unter Telefon 09099/2702, Mobil 0172/8644065 oder an der Abend kasse.

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Foto: Helmut Sauter Die Mehlprimel­n – von links Reiner und Dietmar Panitz – begeistert­en mit ihren „Flie genden Untertasse­n...“in Buttenwies­en.

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