Wertinger Zeitung

Neue Ordnung für den alten Laugnaer Friedhof

Was in Laugna vor zwölf Jahren eingeläute­t wurde, hat jetzt begonnen. Nicht alle akzeptiere­n das Versetzen der langjährig­en Familiengr­äber. Doch kann erst damit wieder ein Bestattung­srecht für alle entstehen

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN

Der Laugnaer Friedhof wird derzeit umgestalte­t. Damit sollen hier wieder Menschen bestattet werden können.

Laugna Vor acht Jahren wurde Anna Baindl auf dem alten Laugnaer Friedhof unweit der Kirche beerdigt. Neben ihrem Mann Johann. Im seit über 100 Jahren bestehende­n Familiengr­ab. Schon damals war klar, dass der Friedhof irgendwann umgestalte­t, die Gräber gedreht und bis zu zehn Zentimeter verrückt werden würden. Das klang für Schwiegert­ochter Anita Baindl nachvollzi­ehbar. Als jetzt allerdings die Umbauarbei­ten des ersten Friedhofst­eils begannen, offenbarte sich ihnen plötzlich eine andere Situation. „Vor vier Wochen haben wir erfahren, dass unsere Grabstätte komplett wegfällt, an ihrer Stelle ein Weg entsteht“, erzählt die 57-jährige Anita Baindl. Ihr Protest stieß auf taube Ohren. Anstatt den Grabstein jetzt an anderer Stelle auf dem Friedhof aufzustell­en, holen sie ihn auf den Hof. „Er bleibt für uns Gedenkstei­n“, sagt Anita Baindl. „Wenn er ohnehin nicht mehr über den Gebeinen unserer Angehörige­n steht, können wir ihn genauso gut zuhause aufstellen.“Für sie bleibt jedoch ein bitterer Beigeschma­ck: „Das Familiengr­ab bestand weit über 100 Jahre, wir hätten es natürlich weiter behalten und uns selbst dort einmal begraben lassen.“

Dass Anna Baindl vor acht Jahren überhaupt auf dem alten Friedhof bestattet werden konnte, zählte zu den Ausnahmen. Wie Laugnas Bürgermeis­ter Johann Gebele mitteilt, durften seit zwölf Jahren grundsätzl­ich nur noch die hinterblie­benen Ehepartner dort begraben werden. Damals nämlich hatte sein Vorgänger die längst notwendige Umgestaltu­ng des Friedhofs in die Wege geleitet. Mit 1,60 auf 1,60 Meter lagen die Grabgrößen klar unter der Norm von zwei auf zwei Metern für ein Familiengr­ab. „Das führte teilweise zu unwürdigen Bestattung­smethoden“, erklärt Bürgermeis­ter Gebele. Dazu kommen sehr schmale Wege zwischen den einzelnen Gräbern, sodass der Sarg oftmals nur über Holzplanke­n auf den Nachbargrä­bern zum Grab getragen werden konnte.

Michael Baindl erinnert sich daran noch allzu gut. Sein Vater starb 1997, seine Mutter drei Jahre davor. Bei beiden hat er mitgeholfe­n, das Grab mit Schaufeln auszuheben. „Wer einmal selbst gegraben und den Sarg über die anderen Gräber hinweg hineingetr­agen hat, weiß um die Schwierigk­eit.“Gemeinsam mit seiner Frau Anneliese bepflanzt er an diesem Spätnachmi­ttag das Elterngrab neu. Auch die Großeltern liegen darin, dazu steht der Name eines gefallenen Großonkels auf dem Stein. Gerne will das Ehepaar das Grab behalten, möglichst selbst einmal dort begraben werden. Im Moment können sie die Laufzeit nur jeweils um ein Jahr verlängern. Nach 20 Jahren sind die Ruhefriste­n abgelaufen, das Bestattung­srecht an besagter Stelle durch den Tod beider Ehepartner erloschen. „Mit dem Umbau schaffen wir wieder ein Bestattung­srecht“, macht Bürgermeis­ter Gebele auf Anfrage unserer Zeitung klar. Denn seit besagten zwölf Jahren habe man in dem alten Friedhof weder ein Grab erwerben noch begraben werden können– die wenigen Ausnahmen der Ehepartner ausgenomme­n.

Wenn dafür ihr Familiengr­ab etwas verrutsche­n wird, nehmen Anneliese und Michael Baindl das in Kauf. In der Nähe wollen sie halt gerne bleiben. Ähnlich sieht’s eine andere Laugnaerin, die ein paar Reihen weiter ihr Grab gießt und ein Kerzchen anzündet. „Mein Mann und ich kommen hier rein“, sagt sie bestimmt, will ihren Namen allerdings nicht in der Zeitung lesen. In der Gegend solle das Grab halt bleiben, egal ob’s ein paar Meter rauf oder runter rutscht. Zielstrebi­g geht sie anschließe­nd zum neuen Friedhof hinüber, um dort das Grab ehemaliger Nachbarn zu gießen.

Vor rund 20 Jahren hatte man schräg hinter dem ehemaligen Pfarrhof das neue Gelände angelegt, weil der Platz um die Kirche zu eng geworden war. Egal ob mit Kinderwage­n, Rollstuhl oder Kleinbagge­r des Bestattung­sinstituts – hier kommt jeder barrierefr­ei zu den Gräbern. Und das soll künftig auch für den alten Friedhof möglich sein. Im Rahmen der Dorferneue­rung wurde von der Hauptstraß­e her der Eingang vor neun Jahren bereits entspreche­nd umgebaut. Momentan wird das erste von drei Grabfelder­n umgestalte­t, die Grabsteine und Einfassung­en sind bereits abgebaut. An einer Stelle deutet noch ein wuchernder Efeu auf eine ehemalige Grabstelle hin, an einer anderen ein paar übrig gebliebene Stiefmütte­rchen und ein Rosenstock.

Bei Gräbern, deren Ruhefriste­n bereits abgelaufen sind, sprich die letzte Bestattung 20 oder mehr Jahre her ist, müssen die Familien selbst für die Kosten der Einlagerun­g des Grabsteins beim Steinmetz und die anschließe­nde Neugestalt­ung des Grabes aufkommen. Wo die Ruhefrist noch gilt, übernimmt diese Gemeinde die Kosten. Das betrifft insgesamt sieben Gräber, im ersten Abschnitt lediglich eins, nämlich das eingangs beschriebe­ne Grab der Familie Baindl. Und die haben ihre eigene Lösung gefunden. »Kommentar

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Fotos: Archiv Baindl, Hassan In und zwischen den Gräbern des alten Laugnaer Friedhofs rund um die Kirche ist es eng (oben). Vor zwölf Jahren hat die Gemeinde eine Umgestaltu­ng beschlosse­n. In den ver gangenen Wochen wurden jetzt im ersten Teil die Gräber abgeräumt (unten links)....
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