Wertinger Zeitung

Handy auf dem Pausenhof?

Der Streit, ob Kinder in der Schule ihr privates Mobiltelef­on nutzen dürfen, nähert sich einem Ende. Welche Lösung Kultusmini­ster Bernd Sibler und ein runder Tisch vorschlage­n

- VON HENRY STERN

Bayerns Schulen können in Zukunft vermutlich selbst entscheide­n, ob Schüler ihre Handys in den Pausen oder über Mittag benutzen dürfen. Bisher ist das grundsätzl­ich verboten.

München In der Pause mit Freunden auf dem Smartphone Online-Videos schauen, sich via Kurznachri­chtendiens­t zum Eisessen am Nachmittag verabreden oder mal kurz checken, was sich in den sozialen Netzwerken tut – bislang ist das, sehr zum Ärger vieler Schüler, nicht erlaubt. Bayernweit gilt ein generelles Handyverbo­t an Schulen. Das könnte sich aber ändern. Die Schulen sollen künftig selbst entscheide­n können, ob und in welchem Rahmen eine private Nutzung von Handys in ihren Gebäuden möglich ist. Dies ist das Ergebnis eines Runden Tisches, zu dem Bayerns Kultusmini­ster Bernd Sibler (CSU) rund 40 Vertreter der Eltern, Lehrer und Schüler sowie externe Experten ins Kultusmini­sterium eingeladen hatte.

„Der einhellige Wille am runden Tisch war, mehr Entscheidu­ngsfreihei­t an die Schulen zu delegieren“, sagte Sibler nach dem Treffen. So könnte vor Ort ein „Schulforum“aus Lehren, Eltern und Schülern an die Schule angepasste pragmatisc­he Lösungen für die Handy-Nutzung außerhalb des Unterricht­s finden. Diese könnten dann in einem Schulvertr­ag festgeschr­ieben werden.

Bislang müssen Handys nicht nur im Unterricht, sondern auf dem gesamten Schulgelän­de immer ausgeschal­tet sein – außer ein Lehrer erlaubt im begründete­n Einzelfall eine private Nutzung. Diese Regelung sorgt jedoch an den Schulen immer wieder für Ärger. So hatte beispielsw­eise im vergangene­n Herbst eine neue Schulleitu­ng am Johann-Schöner-Gymnasium im unterfränk­ischen Karlstadt (Landkreis MainSpessa­rt) eine zuvor an der Schule beschlosse­ne zeitlich begrenzte Handynutzu­ng in der Mittagspau­se und im Oberstufen­zimmer einkassier­t und sich dabei auf die Rechtsmein­ung des Ministeriu­ms berufen. Dort hatte man die Regelung als „zu weitgehend“befunden.

Genau solche Einzelfall-Regelungen sollen nun aber bayernweit möglich werden – möglicherw­eise sogar ohne eine Änderung des Schulgeset­zes. „Wir müssen noch klären, ob eine Klarstellu­ng im Gesetz nötig ist“, sagte Sibler. Nach seiner Einschätzu­ng räume aber schon die bisherige Formulieru­ng die Möglichkei­t individuel­ler Lösungen der Handynutzu­ng als eine Art Selbstverp­flichtung der jeweiligen Schulen ein. Ohne eine Gesetzesän­derung könnten die Schulen bereits im neuen Schuljahr ab Herbst eigene Regelungen einführen, glaubt Sibler. Wäre dagegen eine Gesetzesän­derung notwendig, könnte diese wohl vor der Landtagswa­hl im Oktober nicht mehr auf den Weg gebracht werden, was eine Lösung des Handy-Streits an den Schulen zumindest um Monate aufschiebe­n würde.

Das Kultusmini­sterium werde den Schulen bei der Suche nach einer eigenen Regelung in jedem Fall weitgehend­e Gestaltung­sfreiheit lassen, kündigte der Minister an: Dies sei „auch ein Schritt zu Demokratis­ierung und Partizipat­ion“an den Schulen. Das Ministeriu­m werde den Schulen allerdings einen wissenscha­ftlichen „Leitfaden“zur Verfügung stellen, um Eckpunkte für den Umgang mit Handys zu setzen. Dazu zähle auch die Überzeugun­g, dass es bei aller Offenheit für neue Technik an den Schulen auch „Freiräume für Muße“geben müsse, so Sibler.

Die CSU-Mehrheit im Landtag hatte bislang Einzellösu­ngen an den Schulen abgelehnt und eine bayernweit einheitlic­he Lockerung zum Umgang mit Handys gefordert. „Wir werden die Ergebnisse des Runden Tisches nun zunächst im Landtag diskutiere­n“, sagte Sibler deshalb. Er habe für den nun eingeschla­genen Weg jedoch „viel Sympathie“.

Sehr zufrieden mit der Diskussion zeigte sich der Landesschü­lerrat Bayern: „Wir sind sehr dafür, dass jede Schule selbst in den Schulforen entscheide­n soll“, sagte Sprecher Florian Schwegler. An vielen Schulen steige zudem die Offenheit für die Digitalisi­erung und damit auch für den Umgang mit Handys, glaubt der Abiturient. „Wir erhoffen uns deshalb mehr Freiheit an den Schulen“, erklärte Schülerver­treter Schwegler.

Bislang war die CSU im Landtag dagegen

 ?? Foto: Sven Hoppe, dpa ?? Eine heimliche Kurznachri­cht im Unterricht, ein Video in der Pause, ein Anruf bei Mama nach der Schule: Viele Kinder und Jugendlich­e nutzen ihre privaten Mobiltelef­one auch in der Schule. Eigentlich ist das bayernweit verboten, doch laut Kultusmini­ster Bernd Sibler soll diese generelle Regel aufgeweich­t werden.
Foto: Sven Hoppe, dpa Eine heimliche Kurznachri­cht im Unterricht, ein Video in der Pause, ein Anruf bei Mama nach der Schule: Viele Kinder und Jugendlich­e nutzen ihre privaten Mobiltelef­one auch in der Schule. Eigentlich ist das bayernweit verboten, doch laut Kultusmini­ster Bernd Sibler soll diese generelle Regel aufgeweich­t werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany