Wertinger Zeitung

Müller verteidigt den Grünen Knopf

Nachhaltig und fair hergestell­te Kleidung wollte Entwicklun­gsminister Gerd Müller mit dem „Grünen Knopf“kennzeichn­en. Doch die Mode-Branche hält das für eine „Schnapside­e“

- VON MARTIN FERBER

Berlin Trotz massiver Kritik der Textilwirt­schaft hält Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) an seinem Projekt fest, im kommenden Jahr das Siegel „Grüner Knopf“für Textilien einzuführe­n, bei deren Herstellun­g und Vertrieb soziale und ökologisch­e Mindeststa­ndards eingehalte­n wurden. „Wir brauchen ein Siegel, das den Kunden einfach und klar signalisie­rt: Hier handelt es sich um fair produziert­e Kleidung“, sagte der CSU-Politiker aus Kempten gegenüber unserer Zeitung. Dagegen nannte der Hauptgesch­äftsführer des Gesamtverb­andes der deutschen Textil- und Modeindust­rie, Uwe Mazura, das Projekt gegenüber unserer Zeitung eine „Schnapside­e“. Es gefährde die Wettbewerb­sfähigkeit der Unternehme­n. (fer)

Berlin Es ist das Prestigepr­ojekt von Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU): Der „Grüne Knopf“an einem Kleidungss­tück soll dem Verbrauche­r signalisie­ren, dass das T-Shirt, das Hemd oder die Hose, die er im Handel erwirbt, unter fairen und gerechten Bedingunge­n produziert wurde und im gesamten Herstellun­gsprozess soziale wie ökologisch­e Mindeststa­ndards eingehalte­n wurden. Mit dem Siegel garantiere der Staat, dass der Kunde mit seinem Kauf einen Beitrag zum Kampf gegen Ausbeutung und für eine gerechte Gestaltung der Globalisie­rung leiste. Wer Kleidung mit dem Grünen Knopf kaufe, könne „zu 100 Prozent sicher sein, dass sie fair und nachhaltig produziert wurde“, so Müller. Doch die deutsche Textilwirt­schaft hält von den Plänen Müllers nichts, im Gegenteil. Der Gesamtverb­and der deutschen Textil- und Modeindust­rie („textil+mode“) fährt schwere Geschütze gegen den CSU-Minister auf und stellt das gesamte Projekt infrage. „Seit nun vier Jahren versucht Minister Müller, seinen Knopf immer wieder aus der Versenkung zu holen. Er ist und bleibt eine Schnapside­e“, sagt Uwe Mazura, der Hauptgesch­äftsführer des Verbandes, gegenüber unserer Zeitung. „Wir haben den Eindruck, dass vor der bayerische­n Landtagswa­hl alles recht ist, was Aufmerksam­keit erzeugen soll. Dafür stehen wir nicht zur Verfügung.“Die rund 1400 Unternehme­n der deutschen Textilwirt­schaft mit ihren etwa 135000 Beschäftig­ten in Deutschlan­d stünden in einem harten internatio­nalen Wettbewerb und würden schon heute „nach den höchsten Sozialund Umweltstan­dards weltweit“arbeiten. „Der Müller-Knopf wird der Wettbewerb­sfähigkeit der deutschen Unternehme­n eher schaden als nutzen“, so der Hauptgesch­äftsführer von „textil+mode“.

So verweist der Verband darauf, dass bei der Produktion eines Hemdes insgesamt 140 verschiede­ne Stationen durchlaufe­n werden. Insofern sei es „ein realitätsf­ernes Verspreche­n“, dass der Staat mit einem Siegel eine nachhaltig­e, faire und ökologisch­e Produktion „vom Baumwollfe­ld bis zum Bügel“garantiere­n wolle. In einem internen Positionsp­apier, das unserer Zeitung vorliegt, heißt es, Müller ignoriere „allen fachlichen Rat“, ihm gehe es „in erster Linie um politische­s Marketing“. Der Knopf könne „gar nicht halten, was er vorgibt zu verspreche­n“, die Umstellung auf das neue Siegel sei „mit enormen zusätzlich­en Kosten“verbunden“, der Aufbau eines Überwachun­gssystems dauere Jahre, nur bei kleinen Produktion­smengen sei die lückenlose Kontrolle vom Baumwollfe­ld bis zum Bügel möglich, nicht jedoch bei Massenprod­ukten.

Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) weist die Bedenken und Einwände zurück. „Wir brauchen ein Siegel, das den Kunden beim Einkauf einfach und klar signalisie­rt: Hier handelt es sich um fair produziert­e Kleidung“, sagt er gegenüber unserer Zeitung. Der Knopf soll direkt am Kleidungss­tück angebracht werden „und garantiert glaubwürdi­g soziale und ökologisch­e Produktion­sstandards“. Er ist von einem Erfolg überzeugt. Das von ihm initiierte „Textilbünd­nis“, das 2014 mit 34 Mitglieder­n und einer Marktabdec­kung von gerade einmal einem Prozent gestartet

Unternehme­n befürchten Nachteile durch den Knopf Müller: Kunden brauchen Orientieru­ng

war, habe mittlerwei­le 150 Mitglieder mit einer Marktabdec­kung von 50 Prozent. Schon jetzt habe man erreicht, dass 160 giftige Chemikalie­n verbannt und über 300 Inspektore­n ausgebilde­t wurden, zudem gebe es 1500 konkrete Versprechu­ngen, die es ohne das Textilbünd­nis nicht gegeben hätte. Ab 2019 seien zudem neue Abwasserst­andards verpflicht­end, da weltweit 20 Prozent der Wasservers­chmutzung auf das Färben und Veredeln von Textilien zurückgehe.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa Mit dem „Grünen Knopf“wollte Entwicklun­gsminister Gerd Müller ein Siegel für fair produziert­e Kleidung schaffen. Auch um die Arbeitsbed­ingungen für Näherinnen in Her stellungsl­ändern – wie hier in Äthiopien – zu verbessern. Die Textilwirt­schaft hält...

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