Wertinger Zeitung

Trump lässt sich feiern

Mit dem Botschafts­umzug in Israel begeistert der US-Präsident seine konservati­ve Basis

- VON KARL DOEMENS

Washington Noch bevor er in offizielle­r Mission die neue Botschaft in Jerusalem einsegnete, beweihräuc­herte Pastor John Hagee schon einmal Donald Trump. „Sie haben die politische Unsterblic­hkeit erreicht“, pries der texanische TV-Prediger in einem Interview den US-Präsidente­n, „denn Sie hatten den Mut, das zu tun, was sich andere Präsidente­n nicht getraut haben.“Der Gründer der Organisati­on „Vereinigte Christen für Israel“hatte mächtig Druck für den Botschafts­umzug gemacht und das Weiße Haus mit einer massenhaft­en E-Mail-Kampagne überzogen. Insofern feierte er am Montag auch seinen eigenen Erfolg.

Hagee ist einer der wildesten religiösen Fanatiker in den USA. Der evangelika­le Pfarrer und Verschwöru­ngstheoret­iker interpreti­ert Bibelzitat­e über Jerusalem als Hauptstadt des Gelobten Landes so bizarr, dass er sich 1990 in einer Predigt zu der Behauptung verstieg, Hitler habe die Juden im göttlichen Auftrag nach Palästina getrieben. Trotzdem gilt der 78-Jährige als einer der erfolgreic­hsten protestant­ischen Prediger, und mit seinem Lob für Trump steht er keineswegs alleine. Es sind vor allem weiße evangelika­le Christen, die dem Präsidente­n zujubeln, wenn er sich derzeit damit brüstet, die Botschaft in Israel verlegt zu haben. Die Anerkennun­g Jerusalems als Hauptstadt war ein Wahlverspr­echen Trumps gewesen, das sich an diese konservati­ve Gruppe richtete. Rund 80 Prozent der weißen Evangelika­len gaben laut Umfragen dem republikan­ischen Kandidaten bei der Präsidents­chaftswahl ihre Stimme.

Mit Blick auf seine heimische Wählerbasi­s störte sich Trump nicht an der schweren diplomatis­chen Niederlage, die ihm kurz vor Weihnachte­n die Vereinten Nationen bereiteten. Trotz massiver Drohungen der amerikanis­chen Botschafte­rin Nikki Haley verurteilt­en 128 der 193 Länder, darunter auch Deutschlan­d, die Anerkennun­g Jerusalems als israelisch­e Hauptstadt. Nur acht Länder stimmten mit den USA dagegen.

Wochenlang hatte Trump öffentlich mit dem Gedanken gespielt, persönlich nach Jerusalem zu fahren. Dann entschied er sich doch dagegen und sandte stattdesse­n eine Video-Botschaft. Den Montag begann er mit einem Werbe-Tweet für seinen Lieblingss­ender: „Die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem wird von Fox übertragen“, war die wichtigste Botschaft. Dann folgte: „Ein großer Tag für Israel.“Vor Ort waren die USA mit einer großen Delegation präsent, der unter anderem Trumps Tochter Ivanka und ihr Ehemann Jared Kushner sowie Finanzmini­ster Steven Mnuchin angehörten.

Trotz der immensen politische­n Wirkung ist der Botschafts­umzug nach Trumps eigenen Standards eigentlich eine „Fake News“– eine Falschmeld­ung. Tatsächlic­h bleibt nämlich der Großteil der US-Mitarbeite­r in Tel Aviv zurück. In Jerusalem wird nur ein kleiner Stab arbeiten, der Botschafte­r selber soll pendeln. Auch gibt es in Jerusalem kein neues Gebäude, sondern ein Teil des bisherigen Konsulats wird umgewidmet. Vor diesem Hintergrun­d wirken Trumps Lobpreisun­gen, er habe den Umzug für 200000 bis 300000 Dollar bewerkstel­ligt, obwohl alle Experten die Kosten mit einer Milliarde Dollar veranschla­gt hätten, kurios.

Zu den zahlreiche­n Todesopfer­n, die die Proteste gegen die Botschafts­eröffnung auf palästinen­sischer Seite forderten, äußerte sich Trump zunächst nicht. Sein Außenminis­ter Mike Pompeo hatte schon vorher verkündet: „Der Friedenspr­ozess ist sicherlich nicht tot“. Und Sicherheit­sberater John Bolton behauptete in einem Fernsehint­erview gar, der Umzug befördere den Friedenspr­ozess: „Die Anerkennun­g der Realität macht Dinge immer leichter.“

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Foto: afp Donald Trump hat den Umzug der US Botschaft vorangetri­eben.

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