Wertinger Zeitung

Abschied vom Zwei Prozent Ziel

Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) strebt nun eine Steigerung des Wehretats auf 1,5 Prozent an

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Berlin Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen hat bis 2025 einen Wehretat in Höhe von 1,5 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s in Aussicht gestellt – und damit indirekt Forderunge­n von US-Präsident Donald Trump nach noch höheren Militäraus­gaben eine klare Abfuhr erteilt. „Nächstes Jahr, 2019, werden wir voraussich­tlich 1,3 Prozent erreichen“, kündigte die CDU-Ministerin am Montag auf der Bundeswehr­tagung in Berlin an. „Und zum Nato-Gipfel in Brüssel werden wir anzeigen, dass wir für 2025 einen Anteil der Verteidigu­ngsausgabe­n am Bruttoinla­ndsprodukt von 1,5 Prozent erreichen wollen.“

Nach Expertensc­hätzung wären das rund 60 Milliarden Euro. Das bedeutet, dass die Bundesrepu­blik das Zwei-Prozent-Ziel der Nato zumindest nach US-Lesart klar verfehlen wird – was bislang Experten eigentlich klar war, aber noch nicht so deutlich öffentlich zugegeben wurde. Das könnte neuen Ärger mit US-Präsident Donald Trump provoziere­n. Besonders die USA bestehen darauf, dass die Nato-Partner spätestens 2024 zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s in die Verteidigu­ng investiere­n. Aus deutscher Sicht ist allenfalls eine Annäherung an das Ziel gemeint.

Man dürfe nicht nur auf die Finanzzahl­en starren, sagte von der Leyen. Vielmehr gehe es auch darum, wer was für das Bündnis leiste. So sei Deutschlan­d der zweitgrößt­e Truppenste­ller in der Nato. Union und SPD streiten derzeit über die Höhe des Wehretats. Für 2018 sind 38,5 Milliarden Euro an Verteidigu­ngsausgabe­n vorgesehen, für das kommende Jahr 41,5 Milliarden Euro. Die deutsche Nato-Quote liegt derzeit bei 1,24 Prozent, bis 2022 wird sie nach dem Haushaltsp­lan von Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) auf 1,23 Prozent absinken. Von der Leyen fordert einige Milliarden mehr für die nächsten Jahre. Am Mittwoch befasst sich der Bundestag mit dem Wehretat. Trotz der Ausrüstung­sprobleme sieht Verteidigu­ngsministe­rin von der Leyen die Bundeswehr auf dem richtigen Weg. „Der Etat ist bereits deutlich gewachsen, aber die Lücken von 25 Jahren sind gewaltig“, sagte die CDU-Ministerin. „Wir sind auf dem Weg, und wir halten Kurs.“

Die Bundeswehr­tagung des militärisc­hen und zivilen Führungspe­rsonals der Truppe findet alle zwei Jahre statt. Kanzlerin Angela Merkel eröffnete die Tagung. Merkel stellte sich zwar hinter das ZweiProzen­t-Ziel, nannte aber keinen Zeitraum, in dem das Ziel erreicht werden soll. Angesichts der zunehmende­n Krisen und Konflikte in der Welt stellte sie aber deutlich höhere Ausgaben für die Bundeswehr in den nächsten Jahren in Aussicht. Die Bundesrepu­blik habe bereits einst klaglos 2,3 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s für Verteidigu­ng bereitgest­ellt, sagte Merkel. Deshalb liege die Forderung, irgendwann mal wieder zwei Prozent auszugeben, nicht „völlig außerhalb jedes Denkvermög­ens“. Das ZweiProzen­t-Ziel sei kein „Fetisch“, die Erfüllung der Aufgaben der Bundeswehr mache einen solchen Wert notwendig. Bei der Erfüllung des Ziels gehe es um die Glaubwürdi­gkeit Deutschlan­ds. Man dürfe Beschlüsse nicht so behandeln, als hätten sie nie stattgefun­den.

Die Grünen-Verteidigu­ngspolitik­erin Agnieszka Brugger kritisiert­e eine „Mega-Milliarden-Aufrüstung“, die ein völlig falsches sicherheit­spolitisch­es Signal sende. „Am Ende dieser Aufrüstung steht nicht mehr, sondern im schlimmste­n Fall auch noch weniger Sicherheit“, sagte sie. Der Bundeswehr­verband warnt angesichts wachsender Aufgaben und mangelhaft­er Ausrüstung eindringli­ch vor einer Überforder­ung der Truppe. „Mit immer weniger Fähigkeite­n immer mehr leisten – das kann nicht gelingen“, sagte Verbandsch­ef André Wüstner. „Sollten die Rahmenbedi­ngungen für die Streitkräf­te – und damit die Einsatzber­eitschaft – nicht besser werden, sehe ich für künftige Mandatsver­längerunge­n schwarz.“

Nico Pointner und Michael Fischer, dpa

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Foto: dpa Gut gelaunt: Ministerin von der Leyen mit Kanzlerin Merkel.

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