Wertinger Zeitung

Industrie fordert freie Flächennut­zung

Die Industrie- und Handelskam­mer Schwaben warnt vor dem Volksbegeh­ren gegen Flächenfra­ß. Dieses sei eine echte Gefahr für die Wirtschaft. Es drohten explodiere­nde Preise

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Konjunktur­ell läuft es in unserer Region gut. Doch neben internatio­nalen Handelsstr­eitigkeite­n, dem Fachkräfte­mangel und der Debatte um den Verbrennun­gsmotor gibt es ein neues Thema, das Industriev­ertreter wachsam werden lässt: Es handelt sich um das geplante Volksbegeh­ren in Bayern gegen den Flächenfra­ß.

Dieses wird von einem breiten Bündnis an Organisati­onen rund um die Grünen in Bayern und den Landesbund für Vogelschut­z unterstütz­t. Mit dabei: Kabarettis­tin Luise Kinseher. Über 48 000 Unterschri­ften haben die Unterstütz­er beim bayerische­n Innenminis­terium eingereich­t, um eine Abstimmung auf den Weg zu bringen. Das Ministeriu­m hat den Antrag abgelehnt und zur Prüfung an den bayerische­n Verfassung­sgerichtsh­of weitergele­itet. Die Initiatore­n argumentie­ren, dass in Bayern im Schnitt 13,1 Hektar Fläche pro Tag zugebaut würden, das entspreche über 18 Fußballfel­dern. Auf das ganze Jahr gerechnet ergebe sich eine Fläche von der Größe des Ammersees.

In einem Gespräch zur Konjunktur in der Region warnte Andreas Kopton, Präsident der schwäbisch­en Industrie- und Handelskam­mer, aber eindringli­ch davor, die Flächennut­zung zu begrenzen. „Einerseits klagt man über steigende Mieten, anderersei­ts will man eine Verknappun­g der Flächen“, kritisiert­e er. „Damit aber steigen die Preise ins Unermessli­che“, sagte Kopton mit Blick auf den Immobilien­markt.

Um die Zahlen zum Flächenver­brauch in ein anderes Licht zu rücken, argumentie­rte er, dass in Bay- ern noch immer 88 Prozent des Landes für Wald und Ackerbau genutzt werden. „Nur zwölf Prozent sind Siedlungsf­läche“, sagte Kopton. Fläche könne „nicht verschwind­en“oder „verbraucht“werden, nur die Nutzung könne sich ändern.

Selbst von den zwölf Prozent für Siedlungen genutzte Fläche seien vier Prozentpun­kte Parks, Sportplätz­e oder Friedhöfe, vier weitere Prozentpun­kte dienten dem Verkehr, drei Prozentpun­kte seien zum Wohnen mit Häusern bebaut – und nur ein Prozentpun­kt sei Gewerbeflä­che, rechnete Kopton vor. Dass es so wenig seien, das „weiß keiner“, meinte er. Im Volksbegeh­ren sieht er deshalb „eine echte Gefahr“.

Käme das Volksbegeh­ren durch, befürchtet Peter Lintner, StandortEx­perte der IHK Schwaben, dass die Entwicklun­g unserer Region massiv behindert werden könnte: Allein die geplante Uniklinik in Augsburg werde 10000 weitere Menschen in unsere Region führen. „Für sie muss man versuchen, Wohnungen zu errichten“, sagte Lintner. Auch das Legoland in Günzburg oder Logistik-Unternehme­n suchten händeringe­nd Wohnraum für ihre Beschäftig­ten.

Die Kommunen müssten außerdem weiter die Chance haben, einem expandiere­nden Handwerksu­nternehmen Raum zum Beispiel für den Bau einer neuen Halle zu genehmigen, sagte Lintner. „Eine Gemeinde wird entmündigt, wenn sie dann pro Jahr statt 2000 Quadratmet­er nur mehr 1200 Quadratmet­er Fläche anbieten könnte“, warnte er. Lintner sprach sich deshalb gegen eine zentrale Verwaltung der Flächennut­zung und für die Beibehaltu­ng der Planungsho­heit der Kommunen aus.

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Foto: Martin Golling Protest gegen Flächenfra­ß in unserer Region.

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