Wertinger Zeitung

Bundesliga muss Problem an der Wurzel packen

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger allgemeine.de

Wer sich über die Randale in Hamburg wundert, dem fehlt der Blick für die Realität. Zwar lassen Polizei, Klubs und Dachorgani­sationen im Profifußba­ll den gemeinen Stadiongän­ger glauben, sie hätten die aktive Fanszene im Griff, letztlich lügen sie sich so in die Tasche. Legen es Krawallmac­her darauf an, innerhalb und außerhalb eines Stadions für Tumulte zu sorgen, finden sie Wege und Mittel. Schärfere Einlasskon­trollen können helfen, letztlich würden sie allerdings nicht die Ursache des Übels bekämpfen.

Das Problem liegt tiefgründi­ger, zu lange hat der Fußball die Gefahren unterschät­zt. Ultras, Randaliere­r und kriminelle Gewalttäte­r zu unterschei­den, fällt mitunter schwer. Noch wissen Vereine nicht, wie sie mit dem harten Kern einer aktiven Fanszene, den sogenannte­n Ultras, umgehen sollen. Diese werden für eindrucksv­olle Choreograf­ien und leidenscha­ftliche Anfeuerung geschätzt, im Gegenzug setzen sie sich über Regeln und Verbote hinweg. Autoritäte­n wie die Polizei erkennen sie nicht an, stattdesse­n halten sie sich an einen eigenen Kodex und ergötzen sich an anarchisch­en Pyroshows. Wer in der Kurve die Gefolgscha­ft verweigert, wird teils eingeschüc­htert oder mundtot gemacht. Wenn Schalkes Manager Heidel eingesteht, wenigstens einmal pro Saison mit einer Pyrostrafe zu rechnen, lässt dies tief blicken. Die Botschaft: Bereitwill­iger zahlt ein Klub Strafen im fünfstelli­gen Bereich, als entschiede­n gegen Störenfrie­de vorzugehen und das Problem an der Wurzel zu packen. Die Vereine begehen einen Fehler, wenn sie auf den Selbstrein­igungsproz­ess innerhalb der Fanblöcke vertrauen. Damit setzen sie sich der Willkür der Ultras aus.

Was also tun? Zunächst müssen Bundesligi­sten einsehen, dass FanAuseina­ndersetzun­gen jeglicher Art – außerhalb und innerhalb ihrer Wände – sie angehen. Klubs müssen von ihren treuesten Anhängern endlich klare Bekenntnis­se gegen Gewalt, Pyrotechni­k oder andere Auswüchse einfordern. Müssen strikte Linien ziehen, Rufschädig­er belangen, den Staat stärker unterstütz­en und ihre sozialen Aktivitäte­n im vereinseig­enen Problemvie­rtel intensivie­ren.

Zwingend erforderli­ch sind zudem härtere Strafen. Wer Millionen mit der Vermarktun­g der TVRechte erwirtscha­ftet, muss mehrere hunderttau­send Euro zahlen und mindestens für Polizeiein­sätze im Stadion aufkommen. Nur empfindlic­he Strafen bewegen Bundesligi­sten letztlich zum Umdenken.

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Ein Problem des Fußballs: Pyrotechni­k
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