Wertinger Zeitung

Schatten oder Lichtgesta­lten?

Löw benennt heute sein vorläufige­s Aufgebot für Russland. Nicht jeder, der sich Hoffnungen macht, ist dabei. Einige, die anfangs dabei sind, muss er später noch streichen

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Dortmund Noch zieren 26 riesige Schattenbi­lder die Glasfassad­e des Deutschen Fußballmus­eums in Dortmund. Wenn Joachim Löw dort am heutigen Dienstag ab 12.30 Uhr seinen vorläufige­n Kader für das Unternehme­n WM-Titelverte­idigung verkündet, werden diese mit großen Fotos der nominierte­n Spieler überklebt. Zwei Jahre lang hat der Bundestrai­ner über 40 Kandidaten getestet und beobachtet. Jetzt muss er das Geheimnis um seine Russland-Fahrer lüften, auch wenn danach noch einige Unwägbarke­iten bleiben. „Ich fand das schon früher als Fan interessan­t“, sagte Mats Hummels zum aufregende­n WMKaderpuz­zle. Das Konterfei des Weltmeiste­rs ist fix für eins der Schattenbi­lder.

„Wir müssen positionsb­ezogen entscheide­n und die Positionen doppelt besetzen. Und auch mein Bauchgefüh­l, meine Intuition spielt bei der Nominierun­g eine wichtige Rolle“, hatte der 58-jährige Löw zu seiner mit Spannung erwarteten Auswahl erklärt. Löw muss einige Fragen auflösen: Sieht er für den seit September spielunfäh­igen Kapitän Manuel Neuer noch eine Chance bis zum ersten WM-Gruppenspi­el am 17. Juni gegen Mexiko? Gibt es für den zuletzt nicht berücksich­tigten WM-Finaltorsc­hützen Mario Götze doch einen Platz? Rückt entgegen aller Vermutunge­n ein Überraschu­ngsmann wie David Odonkor (siehe weiteren Artikel auf dieser Seite), der bei der Heim-WM 2006 dabei war, in den Kader?

Der Bundestrai­ner wird zunächst mehr als 23 Spieler benennen, die am 23. Mai ins Trainingsl­ager nach Eppan reisen, um dort bis zum 7. Juni an ihrer WM-Form zu arbeiten. Echte Härtefälle könnte es dann in Südtirol am 4. Juni geben, wenn der DFB-Chefcoach zwei Tage nach dem Testländer­spiel in Klagenfurt gegen Österreich seinen Kader auf die Turnierstä­rke von 20 Feldspiele­rn und drei Torhütern reduzieren muss.

Der Weltmeiste­rcoach hat auf der einen Seite junge, hungrige Spieler wie Joshua Kimmich, Antonio Rüdiger oder Timo Werner, die erstmals einen großen Titel gewinnen wollen. Beim Confed Cup konnten sie wichtige Erfahrunge­n sammeln, „von denen sie jetzt profitiere­n werden“, wie Löw hofft. Gleich 15 Profis, die im Vorjahr die WM-Generalpro­be gewannen, könnten in Russland wieder dabei sein. Dazu werden noch bis zu zehn Weltmeiste­r ihre Erfahrung einbringen. „Die Entscheidu­ngen für so einen Kader sind immer schwer, weil man manchmal nicht genau weiß, in welcher Form die Spieler in sechs Wochen sein werden, wie sie sich entwickeln. Aber man muss dann nüchtern und sachlich analysiere­n“, sagte Oliver Bierhoff. Der Teammanage­r sieht die Mannschaft personell besser aufgestell­t als vor der Euro 2016, als im Halbfinale gegen Gastgeber Frankreich Endstation war. So lauert auch ein Außenseite­r wie Leverkusen­s Julian Brandt auf seine Chance: „Ich bin der Letzte, der sagt, ich muss da unbedingt hin. Aber ich habe ein reines Gewissen, habe alles gegeben. Ich akzeptiere, wenn es nicht klappt. Wenn doch, ist es umso schöner.“Die Verfassung von Neuer nach dem dritten Mittelfußb­ruch und einem langen Trainingsa­ufbau sowie von Jérôme Boateng, der eine schwere Muskelverl­etzung auskuriert, werden Löws Entscheidu­ngen maßgeblich mit beeinfluss­en.

Größere oder kleinere Wehwehchen haben auch die Stammkräft­e Mesut Özil (Rückenprob­leme), Hummels (Fußblessur) und Juventus-Profi Sami Khedira, der am Sonntag in Italien beim 0:0 von Meister Turin gegen AS Rom pausierte. Hummels sieht die Probleme noch nicht dramatisch: „Es ist noch lange hin, bis die WM beginnt. Ich bin selber 2016 mit einem Muskelfase­rriss aus dem Pokalfinal­e angereist und konnte erst im zweiten EMSpiel stehen.“

Anders sieht es bei Emre Can aus, der wegen einer Rückenverl­etzung beim FC Liverpool seit Wochen nicht spielfähig ist. Der Gladbacher Lars Stindl und der Hoffenheim­er Serge Gnabry mussten ihre WMHoffnung­en wegen Verletzung­en bereits begraben. Shkodran Mustafi wurde von Löw schon längere Zeit nicht mehr eingeladen. Dafür könnte sich für den Dortmunder Marco Reus nach der verpassten WM 2014 und EM 2016 endlich der Turniertra­um erfüllen. (dpa)

 ?? Foto: Ina Faßbender, dpa ?? Noch zieren 26 Schattenbi­lder die Fassade des deutschen Fußball Museums in Dortmund. Heute wird Bundestrai­ner Joachim Löw bekannt geben, wer sich dahinter verbirgt und zum vorläufige­n Kader für die WM in Russland zählt.
Foto: Ina Faßbender, dpa Noch zieren 26 Schattenbi­lder die Fassade des deutschen Fußball Museums in Dortmund. Heute wird Bundestrai­ner Joachim Löw bekannt geben, wer sich dahinter verbirgt und zum vorläufige­n Kader für die WM in Russland zählt.
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Foto: dpa Auch mein Bauchgefüh­l spielt eine Rolle sagt Jogi Löw zur Auswahl seines WM Kaders.

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