Rückkehr zum Ursprung
Die alten Gräber sind abgeräumt. Grabsteine eingelagert, Einfassungen weggenommen, die meisten Pflanzen ausgegraben. In diesen Tagen wird das erste Grabfeld des Laugnaer Friedhofs umgestaltet. Unter der Erdoberfläche liegen viele Menschen begraben. Die letzte Frau wurde vor sieben Jahren bestattet. Was davon noch übrig ist? – „Keine Sorge“, beschwichtigt Bürgermeister Johann Gebele. Man würde nicht in die Tiefe gehen, sondern eher auffüllen, um auf eine Ebene zu kommen.
Abgesprochen haben der jetzige Bürgermeister und sein Vorgänger die Umgestaltung mit allen erforderlichen Institutionen – der Diözese und Kirche, dem Landratsamt, Denkmalschutzamt und Kreisheimatpfleger. Alle haben sie grünes Licht gegeben. Nach zahlreichen Versammlungen und vielen Einzelgesprächen akzeptierten auch die meisten Laugnaer den scheinbar unvermeidlichen Umbau: Neu ausgerichtet sollen die Gräber werden, alle in Richtung Kirche. Dazu werden sie den heutigen Standards der Sarglängen von zwei Metern angepasst. Dazwischen entstehen Wege, auf denen die Bestatter mit modernen Geräten direkt zu den Gräbern vorfahren und diese maschinell bearbeiten können.
Das alles klingt fortschrittlich und sinnvoll. Auf Plänen, Sitzungen und Besprechungen allemal. Geht’s allerdings tatsächlich ans Abräumen eines Grabes bleiben die Gefühle vielleicht nicht bei allen an der Oberfläche. Wo liegen die Überreste meiner Angehörigen? Was ist überhaupt noch da? Wo ist der passende Platz für einen Grabstein? Was brauche ich für ein angemessenes Gedenken?
Womöglich kehren wir alle zum Ursprung zurück, dem wir unser Leben verdanken. In dem Fall dürften selbst mehrere Meter Verschieben des Grabsteins problemlos zu akzeptieren sein. Auch wenn die eigenen Blumen dann vielleicht direkt über den Gebeinen des Nachbarn erblühen.