Wohnen wie die Schwaben
In Baiershofen prägt der alte Baustil das Ortsbild. Bewohner erzählen, warum sie an ihren Häusern hängen
Altenmünster Baiershofen Zuerst lugen nur der Kirchturm und der Maibaum über die Baumwipfel, dann leuchten die ersten Häuserdächer durch das Grün hindurch. Baiershofen, Ortsteil von Altenmünster, ganz im Nordwesten des Augsburger Landes, „ist das schönste Dorf vom ganzen Landkreis“, findet Pia Schmid in aller Bescheidenheit.
Während in vielen Baugebieten im Land Toscana-Häuser, quadratische Schachtelbauten und Doppelhauszeilen das Bild prägen, ist Baiershofen in seinem Herzen schwäbisch geblieben. Am Anger nämlich, wo sich preisgekrönte schwäbische Häuser tummeln. Ein Beleg neben dem, was offensichtlich ist: An die 15 Gebäude gibt es im Dorf, die bei der landkreisweiten Prämierung von schwäbischen Häusern ausgezeichnet worden sind.
Es war ein hartes Stück Arbeit, bis Baiershofen zu dem wurde, was es heute ist. In die Anfang 1990 angelaufene Dorferneuerung steckten die Baiershofer Tausende Arbeitsstunden, und die Besitzer der am Anger liegenden Wohnstallhäuser investierten in ihre Gebäude Geld, Energie und viel Herzblut.
Im Jahr 1987 hatte der damalige Kreisheimatpfleger Prof. Walter Pötzl die Prämierung schwäbischer Häuser ins Leben gerufen, in deren Verlauf er mehr als 200 Häuser ausgezeichnet hat. In diesen sah er ein Leitbild für den Erhalt der einheimischen Baukultur, die in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg immer mehr unter die Räder gekommen sei. Pötzl sagte einmal: „Die größten Lücken hat nicht der Krieg, sondern das Wirtschaftswunder gerissen.“Das „alte Glump“sollte in vielen Fällen weg.
Prämiert wurde aber nicht nur die aufwendige Rettung von historischen Gemäuern wie alten Pfarroder Bauernhöfen. Auch für Neubauten gab es 1000 Euro und eine Anerkennung.
Die Kriterien waren allerdings für die Häuser klar festgelegt. Satteldächer mit einer Neigung von mehr als 50 Grad, knapper Überstand, naturrote Tonziegel; Fensterteilungen und -öffnungen in stimmiger Proportion zur Gesamtfassade, Rollladenkästen nur falls nötig, weißer Kalkanstrich wünschenswert. Wichtig: kein Balkon. Objekte, die diese strengen Auflagen erfüllten, konnten sich Hoffnung auf eine Auszeichnung machen.
Der heute 47-jährige Karl-Heinz Bickel hatte Ende der 1990er-Jahre mitten in Baiershofen ein nagelneues schwäbisches Haus hochgezogen. Er hätte keine andere Wahl gehabt, erzählt er. Das alte Haus, das er von seiner Oma geerbt hatte, musste weg.
Jetzt sitzt Bickel an seinem Lieblingsplatz am Küchentisch und erzählt, wie das war mit dem Ersatzbau. Er deutet mit der Hand einen hohen Stapel Papier an: „So viele Auflagen gab es.“Aber bereut habe er es nie. „Es ist das schönste Haus. Hier will ich leben und sterben.“