Wertinger Zeitung

Polizisten­mörder stoppt einen Frauenmörd­er

Rudolf Rebarczyk hat in Augsburg zwei Polizisten umgebracht. Nun hat er womöglich eine Bluttat verhindert

- VON JÖRG HEINZLE

Er hat zwei Augsburger Polizisten ermordet und war an einer Reihe von Raubüberfä­llen beteiligt. Rudolf Rebarczyk muss deshalb vermutlich den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen. Er gilt als kaltblütig­er Berufsverb­recher ohne Mitgefühl. In der nächsten Woche muss Rudolf Rebarczyk, 63, wieder einmal vor Gericht erscheinen. Jedoch nicht als Angeklagte­r, sondern in einer ungewohnte­n Rolle. Als Zeuge, der einen brutalen Übergriff auf eine Frau gestoppt hat.

Es geht um ein Verbrechen, das sich in einem Gefängnis im rheinland-pfälzische­n Diez abgespielt hat. Rebarczyk verbüßt dort eine lebenslang­e Haftstrafe mit anschließe­nder Sicherungs­verwahrung, zu der er vom Augsburger Landgerich­t wegen des Mordes am Polizisten Mathias Vieth verurteilt worden ist. Die Haftanstal­t ist ein Hochsicher­heitsgefän­gnis für Schwerkrim­inelle. Anfang November vorigen Jahres bekam Rebarczyk dort Besuch von einer Bekannten. Er wurde in einen Raum gebracht, in dem sich noch weitere Häftlinge und Besucher befanden. Darunter war auch der Frauenmörd­er Thorsten S., 36. Er hatte Besuch von seiner 30-jährigen Ehefrau und deren beiden Kindern. In einem etwas abgeschirm­ten Familienbe­reich soll Thorsten S. seine Frau zuerst vergewalti­gt und dann mit einem aus einer Scherbe gebastelte­n Messer verletzt haben.

Die Justizbeam­ten bekamen davon zunächst offenbar nichts mit. Als Thorsten S. auf seine Frau mit der Scherbe einstach, bemerkte aber Rudolf Rebarczyk den Übergriff und ging dazwischen. Dann wurden auch die Wachleute auf den Tumult aufmerksam. Die Frau hatte mehrere Stichverle­tzungen, unter anderem am Hals und an der Brust. Lebensbedr­ohlich waren die Stiche nicht, Thorsten S. traf keine wichtigen Adern. Die Staatsanwa­ltschaft hat ihn aber angeklagt – wegen Vergewalti­gung, gefährlich­er Körperverl­etzung und versuchten Mordes.

Nun läuft vor dem Koblenzer Landgerich­t der Prozess gegen ihn. Bei einem Termin nächste Woche soll unter anderem Rudolf Rebarczyk aussagen. Der Augsburger Polizisten­mörder ist nicht nur Zeuge, er gilt in diesem Strafverfa­hren auch als Opfer. Er hat bei dem Gerangel Tritte abbekommen. Thorsten S. soll zudem versucht haben, ihn mit der Porzellans­cherbe zu verletzen. Rebarzcyks Anwalt Florian Eder ist überzeugt: „Hätte mein Mandant nicht eingegriff­en, wäre die Sache wohl schlimmer ausgegange­n.“Thorsten S. hat schon einmal eine Frau mit einem Messer ermordet. Deshalb ist er zu lebenslang­er Haft verurteilt worden und kam in die Haftanstal­t in Diez. Der Übgriff in dem Besuchsrau­m des Gefängniss­es ist in Rheinland-Pfalz auch ein Politikum. In der Haftanstal­t herrscht Medienberi­chten zufolge Personalma­ngel. Die Frage, weshalb kein Beamter das selbst gebaute Messer entdeckt und zunächst auch niemand die Attacke bemerkt hat, ist bislang nicht geklärt.

Rudolf Rebarczyk kam vor rund zwei Jahren im Zuge eines Austauschp­rogramms der Bundesländ­er aus dem Gefängnis im niederbaye­rischen Landshut nach Diez in Rheinland-Pfalz. Im Gegenzug ist ein anderer Gefangener, der in RheinlandP­falz einen Fluchtvers­uch unternomme­n hatte, nach Bayern verlegt worden – damit dieser Häftling in ein Gefängnis kommt, in dem er neu ist und keine Kontakte hat.

Rudolf Rebarczyk wurde nicht alleine wegen des Mordes am Polizisten Mathias Vieth im Jahr 2011 verurteilt, den er zusammen mit seinem Bruder Raimund Mayr begangen haben soll. Er saß zuvor schon einmal fast zwei Jahrzehnte im Gefängnis, weil er als 19-Jähriger, im Jahr 1975, in Augsburg den Polizeiobe­rmeister Bernd-Dieter Kraus erschossen hatte.

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Foto: Wagner Rudolf Rebarczyk 2015 während des Mordprozes­ses in Augsburg.

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