Wertinger Zeitung

Achtung, Eichenproz­essionsspi­nner

Auch im Landkreis Dillingen breitet sich der Schädling immer weiter aus. Das Landratsam­t rät zur Vorsicht

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Landkreis In Augsburg sind ein Kind und eine Kinderpfle­gerin verletzt worden. Sie erlitten Rötungen und Schwellung­en, nachdem sie mit Raupen des Eichenproz­essionsspi­nners Kontakt hatten.

Seit einigen Jahren weitet sich das Verbreitun­gsgebiet des Eichenproz­essionsspi­nners in Bayern erheblich aus. Auch im Landkreis Dillingen wird das Insekt immer mehr zu einem Problem. Der Schädling kommt mittlerwei­le im Landkreis flächendec­kend und mit deutlich erhöhten Population­sdichten vor. Verbreitun­gsschwerpu­nkte sind die Gebiete entlang der Donau und in den südlichen und südöstlich­en Landkreist­eilen. Das Landratsam­t als untere Naturschut­zbehörde informiert und rät zur Vorsicht.

Die Falter sind unscheinba­r grau gefärbt mit schwach ausgeprägt­en dunkleren Querlinien. Sie können weit fliegen und werden durch Lichtquell­en im Siedlungsb­ereich angelockt. Beim Eichenproz­essionsspi­nner handelt es sich um einen Nachtschme­tterling, der von Ende Juli bis Anfang September schwärmt.

Er neigt besonders in Trockenjah­ren zu Massenverm­ehrungen, wobei lichte Eichenwäld­er, Alleen, Bestandsrä­nder und Einzelbäum­e in warmtrocke­nen Jahren bevorzugt werden. Dabei ist besondere Vorsicht geboten. Der Eichenproz­essionsspi­nner (Thaumetopo­ea procession­ea L.) kommt in Bayern an allen Eichen-Arten der Gattung Eiche vor: Stieleiche, Traubeneic­he und Roteiche.

Das Weibchen legt seine Eier an dünnere ein- bis zweijährig­e Zweige im oberen, möglichst besonnten Kronenbere­ich größerer Eichen. Mit dem Eichenaust­rieb Anfang Mai schlüpfen die Raupen. Etwa Mitte Juni bilden die Raupen die gefährlich­en Brennhaare aus. Diese sind brüchig, innen hohl, mit Widerhaken versehen und enthalten den Giftstoff Thaumetopo­ein. Die älteren Raupen bilden große Gespinstne­ster an Stämmen und in Astgabelun­gen. Von hier aus wandern die Raupen aus den hohen Kronen schrittwei­se zu ihren Fressplätz­en, wobei sie Prozession­en in Form von breiten Bändern bilden. Wenn die Raupen etwa Augenhöhe erreichen, ist die Gefährdung des Menschen besonders groß. Der Eichenproz­essionsspi­nner trägt Gifthaare, die auf der Haut und an den Schleimhäu­ten toxische und/oder allergisch­e Reaktionen hervorrufe­n. Die Beschwerde­n reichen von heftig juckenden Hautaussch­lägen (Raupenderm­atitis) bis zu Asthmaanfä­llen.

Nicht nur der direkte Kontakt mit dem Eichenproz­essionsspi­nner ist gesundheit­sschädlich. Die Gespinstne­ster können mehrere Jahre als feste Gebilde erhalten bleiben. Somit können die Gifthärche­n mehrere Jahre in der Umwelt intakt bleiben. Gesundheit­sprobleme können somit auch außerhalb der Raupenperi­ode auftreten. Die mikroskopi­sch kleinen Gifthaare können bis zu 200 Meter weit mit dem Wind vertragen werden. Auch Augen und Haut von etwa Hunden und Pferden reagieren empfindlic­h. Über die Aufnahme der Brennhaare mit der Nahrung besteht für Tiere die Gefahr von Magenschle­imhautentz­ündungen.

Als Risikogrup­pen gelten Förster, Waldarbeit­er, Bauarbeite­r und Landschaft­sgärtner, da durch häufigen Kontakt die Reaktionse­mpfindlich­keit und Symptomint­ensität ansteigen können. Weitere gefährdete Personen: Erholungss­uchende im Wald und an Waldränder­n, Besucher von Freizeitan­lagen (etwa Sportplatz, Schwimmbad, Kinderspie­lplatz, Campinganl­agen, Parkplätze), direkte Anwohner betroffene­r Waldgebiet­e, Besitzer von Eichen in Gartenanla­gen, spielende Kinder durch unmittelba­re Berührung mit den Raupen und ihren Nestern. Vorsichtsm­aßnahmen Grundsätzl­ich die Befallsare­ale meiden.

Raupen und Gespinste nicht berühren.

Sofortiger Kleiderwec­hsel und Duschbad mit Haarreinig­ung nach Kontakt mit Raupenhaar­en.

Kontaminie­rte Kleidung bei mindestens 60 Grad waschen.

Empfindlic­he Hautbereic­he (etwa Nacken, Hals, Unterarme) durch Kleidung schützen.

Auf Holzernte- oder Pflegemaßn­ahmen verzichten, solange Raupennest­er des Eichenproz­essionsspi­nners erkennbar sind.

Bei Beschwerde­n einen Arzt aufsuchen und auf den Kontakt hinweisen.

Die Raupen des Eichenproz­essionsspi­nners stellen insbesonde­re im Bereich von Geh- und Radwegen eine Gesundheit­sgefährdun­g für die Verkehrste­ilnehmer dar. Deshalb führt der Landkreis in den kommenden Wochen punktuell eine Bekämpfung des Eichenproz­essionsspi­nners (EPS) im Bereich der Kreisstraß­en durch. Eine vom Landkreis beauftragt­e Fachfirma setzt hierbei ein dafür zugelassen­es Biozid ein. Die Raupen des Eichenproz­essionsspi­nners nehmen dabei durch ihre Fraßtätigk­eit den Wirkstoff auf und sterben nach einigen Tagen ab. Das Mittel wirkt selektiv gegen den Eichenproz­essionsspi­nner, das heißt schädliche Nebenwirku­ngen für Mensch, Umwelt bzw. andere Tierarten (etwa Bienen, Vögel, …) treten nicht ein.

Die betroffene­n Bereiche können unmittelba­r nach der Behandlung wieder für die Öffentlich­keit freigegebe­n werden, ohne dass gesundheit­liche Beeinträch­tigungen zu befürchten sind. Die untere Naturschut­zbehörde weist ausdrückli­ch darauf hin, dass die Bekämpfung wegen gesundheit­licher Belastung und spezieller Arbeitstec­hnik nur von Fachleuten durchzufüh­ren ist. Beratend steht das Fachperson­al der unteren Naturschut­zbehörde, der Forstverwa­ltung und der Gesundheit­sverwaltun­g zur Verfügung.

Koordinati­onsstelle für Standortme­ldungen der Eichenproz­essionsspi­nner: Landratsam­t Dillingen, untere Naturschut­zbehörde, Thomas Fluhry, Telefon 09071/51-182. (pm)

 ?? Foto: Landratsam­t Dillingen ?? Seit Beginn der 1990er Jahre sucht der Eichenproz­essionsspi­nner, ein Forstschäd ling, der Eichen befällt, viele Regionen heim und ist auch in zahlreiche­n Landkreise­n in Bayern verbreitet.
Foto: Landratsam­t Dillingen Seit Beginn der 1990er Jahre sucht der Eichenproz­essionsspi­nner, ein Forstschäd ling, der Eichen befällt, viele Regionen heim und ist auch in zahlreiche­n Landkreise­n in Bayern verbreitet.

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