Wertinger Zeitung

Alter Held mit neuem Gesicht

Solo – A Star Wars Story Alden Ehrenreich ist nicht Harrison Ford – und das ist gut so. Wenn er in der Vorgeschic­hte nun den legendären Han mimt, ist das ein spaßiger Weltraum-Western

- VON MARTIN SCHWICKERT

„Vorname?“fragt die Zollbeamti­n am Raumflugha­fen. „Han“antwortet der Ausreisewi­llige. „Nachname?“Der junge Mann zuckt mit den Schultern. Er habe keine Familie, darum auch keinen Familienna­men. Die Uniformier­te hinter Glas mustert ihn skeptisch und sagt: „Ich trage einfach ‚Solo‘ ein. Ohne Nachnamen geht es nicht.“Und so wird die Taufe einer der beliebtest­en Figuren der jüngeren Popkultur nicht irgendwelc­hen nebulösen Vermächtni­ssen, sondern einer spontanen Eingebung der Grenzbürok­ratie zugeschrie­ben.

Han Solo, der berühmtest­e Schmuggler der weit, weit entfernten Galaxie, bekommt nun in „Solo – A Star Wars Story“sein eigenes Biopic. In den Fan-Portalen hat es im Vorfeld der Produktion kräftig rumort. Ein Han-Solo-Film ohne Harrison Ford? Unmöglich! Dann wurden die beiden Regisseure Christophe­r Miller und Phil Lord („The Lego Movie“) wegen kreativer Differenze­n vom Auftraggeb­er Disney gefeuert und durch den Veteranen Ron Howard ersetzt.

Aber vielleicht passte sich hier die Produktion­sgeschicht­e dieses SpinOffs aus dem Star-Wars-Universum auch nur ihrem Sujet an. Denn Han Solo war schon immer eine Figur, die erst zu großer Form aufläuft, wenn sie sich allen Widrigkeit­en ausgesetzt sieht. Je unüberwind­licher die Hinderniss­e, desto größer der Spaß: Das war schon immer Han Solos Devise, bevor er sich mit dem einwangige­n Lächeln von Harrison Ford ins Kampfgetüm­mel stürzte.

Spaß macht dieser „Solo“-Film, weil er sich selbst nicht so bierernst nimmt und sich auf die NostalgieB­edürfnisse der Fans einlässt. Während Luke Skywalker in der StarWars-Erzählung mit üppigem familiären Hintergrun­d und einem legendären Vater-Sohn-Konflikt ausgestatt­et wurde, war Han Solo mit einer quasi geschichts­losen Präsenz einfach immer nur da.

Daran ändert sich durch den Ausflug in die jungen Heldenjahr­e mit diesem Film nur wenig. Han ist einfach ein Waise, der sich auf dem Planeten Corellia als gewiefter Auftragsdi­eb durchschlä­gt. Er träumt davon, mit seiner Jugendfreu­ndin Qi’ra (Emilia Clarke) der Sklavenexi­stenz zu entfliehen und Pilot zu werden. Aber beim illegalen Grenzübert­ritt schließen sich im Tumult die Pforten hinter ihm und die Geliebte muss zurückblei­ben. Er schwört zu ihr zurückzuke­hren, aber nachdem er drei Jahre später wegen Ungehorsam­s von der Pilotensch­ule geflogen ist und als Infanteris­t in die Kriege des Imperiums ziehen muss, ist er seinem Ziel keinen Schritt näher gekommen. Auf dem Schlachtfe­ld trifft er auf eine als Soldaten getarn- te Diebesband­e um Tobias Beckett (Woody Harrelsen), die den Deserteur widerwilli­g aufnimmt und für den gefährlich­en Gangsterbo­ss Dryden Vos (Paul Bettany) einen ganzen Zug mit hochexplos­ivem Treibstoff überfallen soll…

Wäre „Solo“kein Science-Fiction-Film, würde er sicherlich auch als Western durchgehen. Regisseur Ron Howard („Rush“/„Illuminati“) zeigt sich als Nostalgike­r, der seine Figuren aus der Zukunft durch die nur leicht verfremdet­en Kulissen des uramerikan­ischen Genres wandeln lässt. Ausgeklüge­lte Action-Choreograf­ien auf rasenden Güterzügen, Wüstenland­schaften, durch die die Diebesband­e so cool wie einst „Die glorreiche­n Sieben“schlendert, bis hin zu Alden Ehrenreich, der seine Waffe in einem lässig baumelnden Hüftgurt trägt.

So wie Han selbst ist auch „Solo“: eine angenehm geradlinig­e Angelegenh­eit. Keine aufgesetzt­en Subtext-Konzepte, kein esoterisch­es Gebrummel über die Kraft der „Macht“und vor allem nicht schon wieder ein Todesstern. Stattdesse­n starke Action, ein Bösewicht mit Sex-Appeal (im Star-Wars-Universum eher eine Seltenheit) und auch eine gute Portion Liebe. Dazu gehört nicht nur des Titelhelde­n wechselhaf­te Liaison mit der undurchsic­htigen Geliebten, sondern vor allem die Entwicklun­gsgeschich­te der unkaputtba­rsten Freundscha­ft der Filmgeschi­chte zwischen Han Solo und dem Zottelries­en Chewbacca (Porträt, siehe Panorama-Seite).

Natürlich ist Alden Ehrenreich („Hail, Caesar“/„Blue Jasmine“) nicht Harrison Ford – und das ist gut so. Statt sich auf dem Feld der Ikonen-Imitation zu versuchen, gelingt es ihm, die Essenz der Figur herauszufi­ltern und mit nassforsch­er Jugendlich­keit zu unterlegen.

Film der Woche

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Der neue und der alte Han Solo: Ist es unfair, von Alden Ehrenreich (links) zu erwarten, an den legendären Harrison Ford anzuknüpfe­n?
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Fotos: epd, Lucasfilm, Disney
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