Innovationen made in Landkreis Dillingen
Der regionale Gründergeist ist Thema in Höchstädt. Schwaben muss sich nicht verstecken
Höchstädt Das Gebäude, in dem ein Vortrag über Start-Ups und den Gründergeist in der Region stattfindet, könnte auch an einem der HighTech-Standorte der Welt stehen. Eine Glasfassade erstreckt sich über mehrere Stockwerke, ein Wasserspiel rinnt über einige Scheiben. Das Atrium ist weiträumig und hell – und bildet den Eingang zur Firma Grünbeck in Höchstädt. Dort referieren Stefan Schimpfle, Gründercoach und Geschäftsführer von „Aitiraum“, Werner Biesenberger, Kaufmännischer Leiter von Grünbeck, und Hans Reichhart, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat. Die Gebrüder Gibisch, Gründer von „Little Lunch“, mussten kurzfristig absagen.
Warum ziehen junge Menschen vom Land in die Stadt, um ein Unternehmen zu gründen? Das müssten sich die politischen Organisationen fragen, stellt der Kreisvorsitzende der Jungen Union Dillingen, Siegfried Nürnberg, zu Beginn der Veranstaltung klar. Und verweist dabei auf Rahmenbedingungen wie schnelles Internet und ein lebenswertes Umfeld. Bayern lag 2017 auf Platz drei der Start-Up-Gründungen in Deutschland, im Landkreis Dillingen wurden laut Reichhart 98 Betriebe gegründet. Bei Patentanmeldungen seien die Schwaben im Spitzenbereich, rund zehn Prozent aller bayerischen Patente stammen aus dem IHK-Bezirk Schwaben, zeigt eine Präsentation von Biesenberger zu Beginn des Abends. Die Region setzt dabei auf die klassische Industrie, weniger auf digitale Technologien. Für Reichhart kein Problem. Für den Staatssekretär geht es darum, das „klassische produktive Gewerbe neu zu erfinden“. In Vernetzung mit digitalen Technologien. Digitales ist das Stichwort für Schimpfle. Dem Leiter des Digi- talen Zentrums Schwaben ist die „Unternehmenskultur entscheidend, um erfolgreich zu sein“. Deutschland solle nicht nach Israel oder Kalifornien schauen und dem dortigen Gründerklima neidvoll hinterherschauen. Vielmehr gehe es darum, die eigenen „Stärken zu stärken“. Viele Unternehmen kooperierten zunehmend mit Hochschulen, nicht nur um neue Fachkräfte direkt von der Universität zu rekrutieren. So seien die Firmen auch offen für innovative Ideen, jede zweite Unternehmensgründung komme aus dem Hochschulumfeld. „Es gibt hierzulande genügend Investoren, sie sind nur risikoaverser“, sagt Schimpfle. Dazu zählt Biesenberger seinen Arbeitgeber Grünbeck. Laut Biesenberger beteiligt sich das Höchstädter Unternehmen nicht nur an Forschungsprojekten, es setze auch auf Kooperationsprojekte mit Schulen. Innerhalb der Firma gebe es verschiedene GmbHs, die zum Teil Synergien schaffen. Um weltweit die Referenz in der Wassertechnik zu sein, müsse das Unternehmen schließlich innovativ und kreativ sein.
Alle Referenten sind sich einig, die aktuellen Berichte und Diskussionen um Start-Ups in Israel oder den USA geben einen verzerrten Blick auf die Vergangenheit. Unternehmensgründungen habe es schließlich schon immer gegeben, dafür sei Grünbeck ein lebendiges Beispiel, sagt Biesenberger. Ohne den Mut zum Risiko und Innovationskraft hätte es nie Firmengründungen gegeben, da unterscheidet sich 1949 nicht von 2018.
Schimpfle und Biesenberger hören Reichhart aufmerksam zu, als dieser von der „Verantwortung der Politik gegenüber Unternehmensgründungen“spricht. Er verspricht weniger Bürokratie und eine intensivere Förderung von wirtschaftlichem Verständnis in den Schulen. Schimpfle fordert den Ausbau eines Innovationsökosystems. Unternehmen sollten über die Dringlichkeit digitaler Vertriebswege informiert werden – dann gebe es in Deutschland jede Chance zum Gründen. In welche Sparte ein Unternehmen engagiert ist, spielt dabei keine Rolle.
Nach den Vorträgen der drei Referenten leitet der Vorsitzende der Jungen Union Höchstädt, Manuel Knoll, zu einer kurzen Diskussion zwischen den Rednern über. Anschließend stellen sich die drei den Fragen des Publikums.
Die Region setzt auf klassische Industrie