Eine Kantine mit regionaler und saisonaler Küche
Die BWF Group hat einen neuen Treffpunkt, den sie sich einiges kosten lässt. Was dieses Minusgeschäft der Offinger Firma bringt
Offingen Kürzlich wurde Stefan Offermann ein neues Restaurant in Offingen empfohlen. Doch von einer Gaststätteneröffnung in seinem Heimatort im Nachbarlandkreis Günzburg wusste der Unternehmer nichts – bis klar wurde, dass es um die neue Kantine seines Unternehmens BWF ging. Offermann ist gemeinsam mit Philipp von Waldenfels Chef der internationalen Unternehmensgruppe, die unter anderem Weltmarktführer bei der Herstellung von Filzschläuchen für Filteranlagen ist. Das „Johann’s“, wie die Kantine nun genannt wurde, sei nur für Mitarbeiter bestimmt. Das habe sich noch nicht rumgesprochen.
Historische Holzbalken zieren die Räume des Gebäudes. Die Möbel sind modern und schlicht gehalten. Maximilian Offermann, Sohn und künftiger Nachfolger Stefan Offermanns, erklärt das Konzept: Gekocht wird frisch und vor Ort, es kommen keine Fertigmahlzeiten aus der Tiefkühltruhe zum Einsatz.
Wenn möglich, landen Lebensmittel aus der Region im Kochtopf. Das sei in der Gegend einmalig. Maximilian Offermann ist mit den beiden Gesellschaftern in einem Raum, der ebenso wie die Lounge im Obergeschoss Führungskräften vorbehalten ist. Ein größerer Raum ist für Mitarbeiter, ebenso der Saal im hinteren Teil des Gebäudes. An diesem Tag ist dort eine Konferenz mit Kollegen der italienischen BWFFabrik. Der neue Name „Johann’s“geht zurück auf den Königlichen Kommerzienrat Johann Offermann, der die Fabrik 1912 gekauft und den Grundstein für das heutige Familienunternehmen gelegt hat. Sein Titel wurde ihm für großes soziales Engagement verliehen, sagt Stefan Offermann. Wenige Tage vor Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude als Kameradschaftshaus der Fabrik eingeweiht. Er zeigt Bilder aus dieser Zeit: An den Wänden hängen eine Hakenkreuzflagge und ein Hitlerporträt. Doch ein Anhänger des Regimes sei sein Großvater nicht gewesen, betont Offermann. Im Laufe des Krieges sei er zwar in die NSDAP eingetreten, allerdings unter Zwang. Man habe gedroht, die Wolllieferung, die existenziell für die Fabrik war, einzustellen. An Feiertagen der Nazis sei in der Fabrik weitergearbeitet worden, weil man sie „für so einen Quatsch“nicht ruhen lasse, wie der Unternehmer damals gesagt habe.
Maximilian Offermann sagt, sie seien „Experten für Filz, nicht für die Gastronomie“. Deshalb werden sie von der Firma Gastromenü aus Ulm betreut. Klassisches Kantinenessen sei vermutlich günstiger, doch dass es ein Konzept werden soll, bei dem regional und frisch gekocht wird, stand von Anfang an fest. Dafür müssen die Unternehmer nun tiefer in die Tasche greifen. Ein Menü des Buffets kostet 4,50 Euro für die Mitarbeiter. Das Unternehmen zahle etwa 7,50 Euro. Zwar könne die Firma das steuerlich geltend machen, doch es bleibe ein deutliches Minusgeschäft.
Die Sanierung hat BWF einen Betrag im unteren siebenstelligen Bereich gekostet, sagt Stefan Offermann.
Doch die Unternehmer erhoffen sich positive Effekte: Zufriedene Mitarbeiter seien produktiver. Dass das Essen und seine Herkunft wieder wichtiger werde, sei ein gesellschaftlicher Prozess. Zudem könne man Kunden nun auf dem Betriebsgelände empfangen, statt in ein Restaurant zu fahren. Außerdem fördere das „Johann’s“die Kommunikation im Unternehmen.
„In einer Firma mit 600 Mitarbeitern kommt es vor, dass man Leuten begegnet, die man noch nie zuvor gesehen hat“, sagt Stefan Offermann. In der alten Kantine seien viele darauf ausgewichen, auswärts zu essen. Nun kämen Mitarbeiter, die sonst nichts miteinander zu tun hätten, beim Mittagessen miteinander in Kontakt.