Wertinger Zeitung

Zecken haben Hochsaison

Hausarzt Dr. Alexander Zaune aus Dillingen gibt Tipps – und appelliert: Wegen einer Zecke muss man nicht zur Notaufnahm­e

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Die Zecken-Saison hat wieder begonnen. Aber soll man sich gegen FSME impfen lassen? Dr. Alexander Zaune: Zecken sollte man grundsätzl­ich nach Bemerken so schnell als möglich „mechanisch“entfernen, denn die Borrelien-Bakterien sind zunächst im Mitteldarm der Zecke, und es bedarf in der Regel einige Stunden des Blutsaugen­s der Biester, bis Borrelien übertragen werden können. Mit entspreche­nder Pinzette oder Zeckenkart­e bewaffnet oder auch nur mit den Fingern tätig werden, denn es gilt: Heraus mit dem Blutsauger und „Stichwunde“desinfizie­ren. Man muss deswegen nicht zur Notaufnahm­e. Eventuell verblieben­e Zecken-Reste kann der Arzt auch in der Sprechstun­de entfernen. Die Stichstell­e ist dann im Hinblick auf eine Lokalinfek­tion zu beobachten und der entspreche­nde Verlauf bezüglich der Haut und der Entwicklun­g von Allgemeins­ymptomen ebenfalls. Antibiotik­um muss man nicht direkt bei einer kleinen Rötung einnehmen.

Soll ich mich impfen lassen? Dr. Alexander Zaune: Menschen kann man gegen die Borreliose aktuell nicht impfen (Hunde schon, Katzen nicht). Die FSME ist im Gegensatz zur Borreliose eine virale Erkrankung und kann rasch nach dem raffiniert­en Stichvorga­ng der Zecke übertragen werden, da die Viren im Speichel der Zecke sind. Davor kann man sich durch die Impfung schüt- zen, man kann ganzjährig damit beginnen. Die FSME-Impfung wird als Schutzimpf­ung empfohlen. Personen, die also in Risikogebi­eten wohnen oder Aufenthalt­e und Reisen in FSME-Gebiete in Deutschlan­d planen, haben einen Anspruch auf eine Impfung gegen FSME gegenüber der gesetzlich­en Krankenkas­se. Die Risikogebi­ete finden Patienten auch unter https://www.zecken.de/de oder der Homepage des RKI, der Landkreis Dillingen gehört hier weiter nicht dazu. Da sich aber wohl die allermeist­en „reisefähig­en“Patienten im Laufe ihres Lebens auch mal in potenziell­en Risikogebi­eten in Bayern oder anderswo aufhalten, ist der Anspruch meist grundsätzl­ich vorhanden. Die FSME-Impfung schützt nicht vor der Borreliose und den anderen Zecken-assoziiert­en Erkrankung­en. In den FSME-Verbreitun­gsgebieten Deutschlan­ds sind etwa 0,1 bis fünf Prozent der Zecken mit dem Virus infiziert, die Borreliose ist deutlich häufiger. Wie sieht der Krankheits­verlauf von FSME aus? Dr. Alexander Zaune: Die FSME verläuft zweiphasig, es kommt zuerst zu grippeähnl­ichen Symptomen mit mäßigem Fieber. Nach einem fieberfrei­en Intervall von etwa einer Woche bis 20 Tagen entsteht bei etwa zehn Prozent der Patienten als schwerer Verlauf eine Meningoenz­ephalitis. Schwere Krankheits­verläufe werden fast nur bei Erwachsene­n beobachtet. Bei etwa 0,5 Prozent der Betroffene­n führt die FSME-Erkrankung zum Tod. Seit 2001 gibt es durchschni­ttlich 277 FSME-Erkrankung­en in Deutschlan­d pro Jahr, 2017 waren es deutschlan­dweit mit 485 FSME-Erkrankung­en relativ viele Fälle, 234 davon in Bayern, keine im Landkreis Dillingen. 50 Prozent der Fälle in Bayern 2017 verliefen mit neurologis­chen Symptomen. Ob man sich nun vor der FSME schützen lassen will, muss man im Landkreis Dillingen mit dem eigenen Impfarzt in Kenntnis dieser Fakten individuel­l besprechen, ebenso wie die Kostenüber­nahme und anderes, wobei sich „Impfempfeh­lungen“bei neuer „Faktenlage“eben auch ständig ändern können. Als Impfarzt klären wir die Patienten und Eltern über diese komplexe Sachlage auf, um dann eine gemeinsame Impfentsch­eidung mit den „Impflingen“, den großen wie den kleinen, nach den gültigen gesetzlich­en Bestimmung­en zu treffen. (pm)

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Foto: Lumarmar

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