Hotzenplotz zückt auch in Wertingen die Pfefferpistole
Buchhändlerin Christine Gerblinger spricht über das „neue“Abenteuer des Räubers
Wertingen Der Mai macht nicht nur alles neu, sondern verschafft nun einem angestaubt geglaubten Kinderbuch-Klassiker neuen Glanz: Nach mehr als fünf Jahrzehnten und rund 50 Millionen gedruckten Büchern erscheint am morgigen Freitag eine weitere Folge vom legendären „Räuber Hotzenplotz“.
Otfried Preußler hatte das Manuskript dazu als Kasperl-Theaterstück mit dem Titel „Die Fahrt zum Mond“angelegt. Auch dabei steht wieder der eher putzige Bösewicht mit wilden Flüchen, Pfefferpistole und sieben Messern im Mittelpunkt einer spannenden Handlung für Kinder ab sechs Jahren. Wir sprachen mit der Wertinger Buchhändlerin Christine Gerblinger über den überraschenden Fund aus dem Nachlass des vor fünf Jahren verstorbenen Bestseller-Autors. Ab morgen wird die bunt bebilderte Geschichte in den Buchläden zu haben sein:
Sie öffnen gerade eines der Pakete mit frisch gedruckten Exemplaren des neuen Bandes vom berühmt-berüchtigten Bösewicht aus der Feder von Otfried Preußler. Dessen Werke wurden in mehr als 50 Sprachen übersetzt. Was ist das für eine Sprache, die Generationen von Kindern und Erwachsenen so faszinieren konnte? Gerblinger: Sie besticht vor allem durch ihre heute in der Literatur leider selten gewordene Klarheit. Der Autor schreibt kindgerecht. Zudem macht es Spaß, diese Buchreihe zu lesen oder seinem Nachwuchs vorzutragen. Als meine beiden Söhne Andreas und Matthias so um die sieben Jahre alt waren, habe ich die Zeilen über den fast schon sympathischen Burschen immer und immer wieder vorgelesen. Seinen Kindern etwas vorzulesen, ist auch jetzt noch wichtig.
Was allerdings nicht mehr so intensiv gepflegt wird wie in früheren, analogen Zeiten. Was hat sich verändert? Gerblinger: Einiges. Mein Mann und ich spüren schon seit zwei Jahren einen Rückgang beim stationären Buchhandel bei gleichzeitiger Zunahme des Geschäfts übers Internet. Auch stellen wir fest, dass vielen Eltern die Zeit dafür fehlt, weil sie selbst alle „Kanäle“bedienen müssen. Im digitalen Zeitalter bleiben da für das klassische Buch weniger Möglichkeiten. Allerdings wurden die drei ersten Werke auch als Kinderhörspiele in Form anderer Medien veröffentlicht, etwa auf Schallplatten, Audiokassetten und CD´s. Das neue gibt es auch als e-Book.
Könnte da das neue „Kasperltheater zwischen zwei Buchdeckeln“, wie der Thienemann Verlag die Ausgabe bezeichnet, eine kleine Wieder-Einstiegshilfe für Gedrucktes darstellen? Gerblinger: Ab morgen werden vor allem Mütter und Omas kommen, die auf eine schöne Kinderliteratur großen Wert legen. Die Resonanz auf die Ankündigung, dass es eine weitere Folge geben werde, war riesig. Deshalb gibt es die Neuauflage schon früher als geplant. Ich rechne damit, dass im Herbst, wenn dann die große Lesezeit ist, das Interesse bei Ausstellungen und Schulbeginn noch größer sein wird. Interview: Günter Stauch