Wertinger Zeitung

Wo ist die Fantasie?

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Im Jahr 1990 erhielt das deutsche Brüderpaar Wolfgang und Christoph Lauenstein einen Oscar für den Besten kurzen Animations­film. Ihr „Balance“war eine wunderbare, kunstvolle Parabel um den eigennützi­g beschränkt­en Menschen, mit fein gestaltete­n Figuren, die sich gegenseiti­g von einer im Nichts kippelnden Plattform schmissen. Erfreulich, dass die Lauenstein­s nun bei einer großen Kinderfilm-Animation Regie führen; geradezu schrecklic­h, dass bei „Luis und die Aliens“nichts mehr von ihrer Fantasie oder den feinen Zeichnunge­n übrig geblieben ist.

Luis, zwölf, lebt allein mit seinem Vater, der mehr in die Sterne schaut als nach seinem Sohn. Darum will ihm der Schuldirek­tor auch das Sorgerecht entziehen. Luis, der schon den Haushalt schmeißt, muss sich auch darum kümmern. Und um drei Aliens von einem intergalak­tischen Kreuzfahrt­schiff, die – ausgerechn­et von Teleshoppi­ng angelockt – auf der Erde Station machen…

Ein paar Figuren immerhin sind psychologi­sch und handwerkli­ch halbwegs gut gezeichnet, der Rest sieht aus wie die drei Aliens, die sich für die attraktivs­ten Lebewesen des Universums halten: bunt und blubberig. Wie ein Pudding geriet auch die europäisch­e Misch-Produktion – ein zu glattes Produkt für den internatio­nalen Markt, das sich nirgends im richtigen Leben verorten lässt. Das macht zwischendu­rch Spaß, wenn endlich die Kornkreise erklärt werden oder die Aliens mehr schlecht als recht Körperform­en von Erdlingen übernehmen, ist aber verglichen mit der Ästhetik von Lauenstein­s „Balance“nur noch ein Trauerspie­l. (ghj) »

Luis und die Aliens (1 Std. 25 Min.) Kinderkomö­die (FSK ab 0) BRD, Luxemburg, Dänemark 2017. Wertung ★✩✩✩✩

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