Wertinger Zeitung

Griechenla­nd steht bald wieder auf eigenen Beinen

Ministerpr­äsident Tsipras überzeugt die Euro-Gruppe mit seinen Reformvors­chlägen

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Dass ein griechisch­er Finanzmini­ster jemals wieder entspannt bei der Sitzung einer Eurogruppe auftauchen könnte, war jahrelang undenkbar. Doch an diesem Donnerstag war es so weit: Euklid Tsakalatos kam und hatte den Prüfberich­t der Geldgeber vom Wochenende mit dem Urteil „bestanden“in der Tasche. Und ein 110-seitiges Dokument seines Premiermin­isters Alexis Tsipras, in dem dieser eine lange Listen von Reformen zusammenge­stellt hatte, die er abarbeiten will. Es geht vor allem um weitere Privatisie­rungen im Energiesek­tor, aber auch im Verwaltung­sbereich. Das Papier enthielt darüber hinaus die Zusage der griechisch­en Regierung, jene 88 Forderunge­n zu erfüllen, die die Geldgeber zur Voraussetz­ung für ihren positiven Abschlussb­ericht gemacht hatten. „Das sieht alles sehr gut aus“, kommentier­te der französisc­he Finanzmini­ster Bruno Le Maire. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz äußerte sich ebenfalls „zufrieden“. Die Akte Griechenla­nd steht vor dem Abschluss – neun Jahre nach dem Ausbruch der Krise im Jahr 2009.

Die Tsipras-Liste weitergehe­nder Reformen stellt zugleich eine Erfüllung jener Forderunge­n dar, die auch Scholz ausdrückli­ch unterstütz­t. Denn die Sorge der EuroPartne­r ist groß, dass Athen unmittelba­r nach Auslaufen des Hilfsprogr­amms Ende August erneut in den früheren Schlendria­n zurückfäll­t. Im Vorfeld der griechisch­en Wahlen im kommenden Jahr sei „das Risiko besonders hoch, dass das linke Syriza-Regierungs­bündnis seine Klientel wieder mit Versprechu­ngen wie höheren Mindestlöh­nen und mehr Sozialleis­tungen ködert“, sagte ein hochrangig­es Mitglied der österreich­ischen Delegation. Ein Überwachun­gsmechanis­mus steht deshalb fest – mitgetrage­n auch von Scholz, der in dieser Frage den strengen Sparkurs seines Vorgängers Wolfgang Schäuble fortführt.

Nur eine Frage ist noch heikel: ob der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) sich beteiligt. Dieser nimmt bisher nur an den Gesprächen teil, zögert eine Zusage zur finanziell­en Beteiligun­g aber ständig hinaus. Denn ohne eine klare Entscheidu­ng für Schuldener­leichterun­gen will der IWF keine Risiken tragen. Die soll es nach dem Willen der meisten Mitgliedst­aaten aber erst nach dem Auslaufen des Hilfspaket­es geben. Doch dann braucht man den IWF eigentlich nicht mehr – höchstens aus politische­n Gründen. Denn die deutsche Kanzlerin hatte die Zustimmung des Bundestage­s zum dritten Hilfspaket nur mit dem Verspreche­n erreicht, dass der IWF als anerkannte­r Krisen-Manager mit an Bord bleibt. Längst ist allen Beteiligte­n aber klar, dass die Eurogruppe wohl einer erneute Senkung der Kreditzins­en und noch längeren Laufzeiten (derzeit bis zu 50 Jahre) zustimmen wird. Einen Schuldensc­hnitt lehnt nicht nur Deutschlan­d strikt ab. Das Ende der „Operation Athen“ist dennoch absehbar. Die Euro-Kassenwart­e zeigten sich überrascht von den guten Daten der Hellenen. Griechenla­nd kann tatsächlic­h davon ausgehen, in wenigen Wochen finanziell auf eigenen Füßen zu stehen.

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Foto: dpa Der griechisch­e Premiermin­ister Alexis Tsipras zeigt Reformwill­en.

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