Wertinger Zeitung

Gelingt dem Deutsche Bank Chef die Wende?

Zur Hauptversa­mmlung geht Christian Sewing in die Offensive und streicht 7000 Stellen. Aktionäre sprechen vom „letzten Schuss“. Wie es um die Standorte in Bayerisch-Schwaben steht

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Frankfurt Der einst stolzen Deutschen Bank läuft die Zeit davon. Der deutsche Branchenpr­imus muss das Tempo deutlich erhöhen, um den Anschluss an den internatio­nalen Wettbewerb nicht vollends zu verlieren. Nach nur 46 Tagen im Amt versucht Bankchef Christian Sewing den Befreiungs­schlag. Er verschärft den Sparkurs seines geschasste­n Vorgängers John Cryan und will tausende Stellen streichen.

Der einstige Gewinnbrin­ger, das Investment­banking, wird stärker eingedampf­t. „Der Stellenabb­au ist unvermeidl­ich, wenn unsere Bank nachhaltig profitabel werden soll“, sagt Sewing auf der Hauptversa­mmlung des größten deutschen Bankhauses in Frankfurt. Die Zahl der Mitarbeite­r im Konzern soll von derzeit rund 97100 auf deutlich unter 90000 sinken. Auf Anfrage, ob auch die Standorte in BayerischS­chwaben betroffen seien, sagt ein Sprecher der Deutschen Bank: „In Deutschlan­d gibt es gültige Interessen­sausgleich­e, in denen teilweise auch betriebsbe­dingte Kündigunge­n für mehrere Jahre ausgeschlo­ssen werden.“Diese behielten auch weiterhin ihre Gültigkeit.

Aktionärsv­ertreter Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvere­inigung (DSW) zeichnet ein düsteres Bild: „Im Konkurrenz­vergleich fallen wir immer weiter zurück, selbst die lange von uns mitleidig belächelte Commerzban­k ist in einigen Punkten an uns vorbeigezo­gen.“Regelrecht enteilt ist inzwischen die internatio­nale Konkurrenz, mit der sich die Deutsche Bank gerne misst. Die meisten großen Geldhäuser haben die Zeichen der Zeit viel früher erkannt und massiv umgebaut. Inzwischen verdienen sie wieder Milliarden. Die Deutsche Bank schrieb dagegen drei Jahre in Folge rote Zahlen. Der Aktienkurs ist im Keller, die Anteilseig­ner sind sauer. Auch dafür muss der seit Mai 2012 amtierende Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner viel Kritik einstecken. In seiner vergleichs­weise kurzen Amtszeit gab es zwei turbulente Personalwe­chsel in der Top-Etage der Frankfurte­r Zwillingst­ürme und mehrere Strategieä­nderungen.

Jetzt muss es Sewing, der nahezu sein gesamtes Berufslebe­n bei dem Institut verbracht hat, richten. Dem Aufsichtsr­at sollte bewusst sein, dass die Personalen­tscheidung der berühmte „letzte Schuss“sei, mahnt Nieding. „Eine weitere Gelegenhei­t zum personelle­n Umbau wird man Ihnen nicht geben.“

Können die Pläne des 48-jährigen Sewing aufgehen? „Der sukzessive Umbau des Geschäftsm­odells und das Zurechtstu­tzen des Investment- bankings gleichen einer Operation am offenen Herzen“, argumentie­rt Ingo Speich von der Fondsgesel­lschaft Union Investment und legt den Finger in die Wunde: „Wie wollen Sie es schaffen, Geschäft aufzugeben und Kosten zu reduzieren, ohne massiv Marktantei­le und Erträge zu verlieren?“

Praktisch alle Chefs der Deutschen Bank seit Ende der 1990er Jahre hatten das Heil im Investment­banking gesucht. Das Institut sollte im Konzert der globalen Bankkonzer­ne die erste Geige spielen. Jahrelang war das Investment­banking die Geldmaschi­ne der Deutschen Bank. Doch zuletzt wurde die Sparte, zu der beispielsw­eise die Beratung von Firmen bei Börsengäng­en oder der Handel mit Wertpapier­en aller Art gehören, zur Bürde. Skandale wie die Manipulati­on von Referenz-Zinssätzen oder fragwürdig­e Deals rund um amerikanis­che Hypotheken­papiere kosteten die Frankfurte­r Milliarden.

Doch nicht nur die Sünden der Vergangenh­eit belasten das Geldhaus. Hinzu kommen eine immer noch marode IT, strengere Vorschrift­en für Banken sowie die Zinsflaute, die an den Erträgen nagt. Für Aktionärsä­rger sorgen auch Boni in Milliarden­höhe vor allem für Investment­banker. „Dann lassen Sie diejenigen „Söldner“, die sowieso nur mit noch mehr Geld und Boni zu halten sind und auf das Ansehen unseres Hauses pfeifen, doch einfach ziehen“, fordert Nieding. Um all die Probleme zu lösen, braucht es eine schlagkräf­tige Führungssp­itze.

Zuletzt stimmte jedoch die Chemie in der Top-Etage nicht mehr. „Wir mussten zunehmende Meinungsve­rschiedenh­eiten und Konflikte innerhalb der Führung zur Kenntnis nehmen“, räumt Achleitner ein. Das habe zu Problemen bei Entscheidu­ngen und deren Umsetzung geführt. Der Aufsichtsr­at hatte den Briten Cryan erst im Sommer 2015 als Sanierer ins Haus geholt. Investoren mahnen ein Ende der Debatten an: „Wir erwarten, dass Vorstand und Aufsichtsr­at künftig wieder an einem Strang ziehen. Diesen Eindruck hatte man zuletzt nicht. Die Zeit drängt“, sagt Fondsmanag­er Speich. (dpa)

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Foto: Daniel Roland, afp Nach nur 46 Tagen im Amt verschärft Christian Sewing den Sparkurs seines Vorgängers. Der Stellenabb­au sei unvermeidl­ich, wenn die Deutsche Bank nachhaltig profitabel werden soll, erklärt der Bankchef.

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