Wertinger Zeitung

Die Bombe ist endlich entschärft

Spezialist­en müssen einen Blindgänge­r in Dresden unschädlic­h machen. Beim ersten Versuch scheitern sie. Es gibt eine Explosion. Doch am Ende teilen alle ein besonderes Gefühl

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Dresden Fast 48 Stunden nach dem Fund einer fünf Zentner schweren Fliegerbom­be in Dresden ist der Sprengkörp­er unschädlic­h. Am frühen Donnerstag­abend gab die Polizei per Twitter Entwarnung. Die weiträumig­e Sperrung im betroffene­n Stadtteil Löbtau wurde aufgehoben, die Anwohner sollten in ihre Wohnungen zurückkehr­en können. Bei der Polizei wurde das Ende des Einsatzes mit Erleichter­ung aufgenomme­n. In den vergangene­n Tagen waren zusammen mehr als 1000 Beamte im Einsatz.

„Die Bombe war hochgefähr­lich“, sagte Polizeiprä­sident Horst Kretzschma­r in einer ersten Stellungna­hme. „Dieser Einsatz hat nicht nur die Dresdner, sondern auch Feuerwehr, Rettungskr­äfte und die Polizei in Atem gehalten.“Schäden wurden nach ersten Angaben der Polizei nur in unmittelba­rer Umgebung des Fundortes festgestel­lt, etwa an einem angrenzend­en Firmengebä­ude. Angaben zur Schadenshö­he gab es gestern zunächst nicht.

Die Bergung der am Dienstag ge- fundenen Weltkriegs­bombe erwies sich als komplizier­ter als gedacht. Ein erster Versuch, Zünder und Bombe voneinande­r zu trennen, scheiterte am Mittwochvo­rmittag. Am späten Abend versuchten Experten das mit einer auf dem Zünder aufgebrach­ten „Raketenkle­mme“aus der Ferne. Zuvor waren Steine und Dämmmateri­al herangebra­cht worden, um die Auswirkung­en einer Explosion zu mindern.

Bei dem neuerliche­n Versuch einer Entschärfu­ng kam es zu einer Detonation. Die Polizei wusste bis zuletzt nicht, ob der Sprengkörp­er damit bereits komplett unschädlic­h war. Das zur Dämmung angebracht­e Material hatte sich entzündet und brannte auch am Donnerstag noch. Daraufhin entschloss sich die Polizei, die Arbeiten zu beschleuni­gen und einen Löschrobot­er einzusetze­n. Er sollte das Feuer löschen und die unter der Dämmung befindlich­e Bombe kühlen.

Am Nachmittag konnte ein gepanzerte­r Bagger das Material über der Bombe entfernen und so einen ersten Blick auf deren Reste freige- ben. Dabei stellte sich heraus, dass der Sprengkörp­er bereits unschädlic­h war. Nach dem Fund der Bombe hatten tausende Bewohner des betroffene­n Stadtteils Löbtau – unweit des Hauptbahnh­ofes – bereits zwei Nächte außerhalb ihrer Wohnungen verbracht. Rund 9000 Menschen wurden nach Angaben der Polizei in Sicherheit gebracht. Die meisten waren bei Bekannten und Verwandten untergekom­men. Mehrere hundert Menschen verbrachte­n die Nacht auf Donnerstag allerdings in einer Notunterku­nft auf dem Messegelän­de.

Manfred Leuteritz, 91, war auch an seinem zweiten Tag in der Dresdner Notunterku­nft entspannt. „Da bin ich doch froh, dass ich dabei bin“, sagte der Senior gut gelaunt. Er hatte sich vorgenomme­n, die Evakuierun­g als willkommen­e Abwechslun­g zu sehen.

Bei manchen Senioren kamen mit der Evakuierun­g Erinnerung­en hoch. „Wenn man hier nachts auf der Liege liegt, kommt man ins Grübeln“, sagt Leuteritz. „Der Krieg lässt niemanden los.“Er hat die Luftangrif­fe in Dresden als Soldat erlebt. Die Stadt war am 13. Februar 1945 und in den Tagen danach von britischen und amerikanis­chen Bombern zu weiten Teilen zerstört worden. Bis zu 25 000 Menschen starben.

Doch trotz der schwierige­n Situation war die Stimmung in der Messe gut. Viele Dresdner brachten Sachspende­n vorbei, Rettungskr­äfte und Helfer versuchten, die Situation so erträglich wie möglich zu machen. Die Details der Entschärfu­ng waren am Ende nicht wichtig. Für viele zählte nur noch eine Informatio­n: dass sie endlich zurück nach Hause können.

Ein Gefühl wird sie noch lange begleiten. Es ist das Gefühl, das auch zehntausen­de Menschen aus Augsburg kennen, wo am ersten Weihnachts­tag 2016 eine Weltkriegs­bombe im ersten Versuch erfolgreic­h entschärft wurde. Mehr als 50 000 Menschen mussten damals ihre Häuser verlassen. Und am Ende waren viele sich einig: Das Ereignis hat die Stadt fester zusammenge­schweißt. (dpa, AZ)

 ?? Foto: Klinger, Essler, Kahnert, alle dpa ?? Szenen aus Dresden (von oben links nach unten rechts): Beim ersten Versuch explodiert ein Teil der Dresdner Bombe. Ein Löschrobot­er kühlt den Blindgänge­r danach. Tausende harren in Notunterkü­nften aus. Und bei Rentner Manfred Leuteritz kommen...
Foto: Klinger, Essler, Kahnert, alle dpa Szenen aus Dresden (von oben links nach unten rechts): Beim ersten Versuch explodiert ein Teil der Dresdner Bombe. Ein Löschrobot­er kühlt den Blindgänge­r danach. Tausende harren in Notunterkü­nften aus. Und bei Rentner Manfred Leuteritz kommen...

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