Löws Nummer eins
Nationalmannschaft Der Bundestrainer legt sich auf Manuel Neuer als Stammtorwart für die Weltmeisterschaft fest. Eine Voraussetzung dafür muss aber erfüllt werden
Eppan Den entspannten Sonntag mit Yoga, Mountainbike und Hotelpool konnte Manuel Neuer in der Südtiroler Bergwelt einfach genießen. Besser hätte die Startphase im WMVorbereitungslager für den Kapitän der Nationalmannschaft nicht laufen können. Der Torhüter Neuer stellte sich nach acht Monaten Verletzung auf dem Trainingsplatz nicht nur in erstaunlicher Verfassung vor. Auch eine MRT-Kontrolluntersuchung in Bozen zeigte keine Auffälligkeiten am dreimal gebrochenen linken Mittelfuß. Und Joachim Löw überraschte mit einer Grundsatzentscheidung für die WM: Weltmeister Neuer wird in Russland als Nummer 1 auflaufen – oder gar nicht.
Der Zeitpunkt von Löws Ansage dürfte auch Neuers Stellvertreter Marc-André ter Stegen verblüfft haben. Der Profi vom FC Barcelona war erst einen Tag vor dem klaren Votum des Bundestrainers pro Neuer nach Eppan gekommen. „Ich hätte volles Vertrauen“, versicherte der Bundestrainer ter Stegen in der ARD für den Fall, dass bei seiner Nummer 1 im Ringen um das WettkampfComeback doch noch etwas passieren könnte. Doch WM-Neuling ter Stegen wisse auch, „wenn Manuel gesund ist, hat er einen kleinen Vorteil“.
Für Löw läuft die bisherige Vorbereitung auf das WM-Abenteuer in Russland so, „wie ich mir das vorstelle“. Alle Spieler, bis auf Jérôme Boateng, sind inzwischen körperlich „auf einem Level“, wie Löws Assistent Marcus Sorg berichtete. Dazu exportierte Toni Kroos mit seinem vierten Champions-League-Sieg ein weiteres Stück Optimismus ins Südtiroler DFB-Teamhotel. Er wird im Laufe der Woche „mit einer breiten Brust“nach Eppan nachkommen, wie Bierhoff bemerkte.
Die Spieler versprühen im Trainingscamp drei Wochen vor dem WM-Ernstfall am 17. Juni gegen Mexiko ohnehin Vorfreude. „Es ist ein erfrischender Konkurrenzkampf, der die älteren Spieler pusht“, sagte Weltmeister Sami Khedira. Die sportliche Leitung spendierte den 26 Profis in Eppan einen heiter-sportlichen Sonntag. In kleineren Gruppen vergnügten sich Thomas Müller und die Kollegen beim Yoga, auf dem Fahrrad, bei einem Spaziergang oder einem Cappuccino.
Ohne Anstrengungen lief der Tag trotzdem für einige Profis nicht. Der nach einer Muskelverletzung noch um seine WM-Fitness ringende Boateng setzte sein Aufbauprogramm fort. Ende der Woche könne der 29-jährige Münchner „vielleicht teilweise“mit Ball und Mannschaft trainieren, kündigte Löw an. Erst übernächste Woche soll Boateng „vollumfänglich dabei sein“. Das bedeutet: Das WM-Testspiel am 2. Juni in Klagenfurt gegen Österreich wird Boateng verpassen. Und auch die Generalprobe am 8. Juni in Leverkusen gegen Saudi-Arabien dürfte noch zu früh kommen.
Obwohl an der Einfahrtsstraße zur Sportzone Rungg am Sonntag ein Schild angebracht war („Heute kein Training“), gab es Betrieb im Fitnesszelt. Dort wurde an den Hightech-Geräten bei lauter Musik geschwitzt. Torwartcoach Andreas Köpke bat zu einer Übungseinheit auf dem Platz. Die wichtigste Nachricht des Wochenendes hatte Löw schon zuvor geliefert: Der 32-jährige Neuer wird in Russland im Tor stehen, wenn der Münchner bis zur endgültigen Nominierungsfrist am 4. Juni topfit wird. Neuer müsse aber auch selbst das Gefühl haben, in der Verfassung zu sein, „dass alle Abläufe stimmen“, sagte Löw. Seit einer Operation im September 2017 hat der Kapitän kein Spiel mehr bestritten. Am Montag im ersten Übungsspiel in Eppan gegen die deutsche U20-Auswahl soll der Torwart erste Spielpraxis sammeln. Das Länderspiel gegen Österreich wird dann zur entscheidenden Praxis-Prüfung. „Und wenn er dann dabei sein wird, wird er sicherlich spielen“, sagte Löw zur Rollenverteilung im Tor. (dpa)