Wertinger Zeitung

Funkenflug von Schwaben nach Schweden

Kabarett Die Mehlprimel­n aus Buttenwies­en entzünden im Stadelthea­ter Lauingen beinahe ein bisschen Weltgeist

- VON HANS GUSBETH

Lauingen Bei Heimspiele­n weiß man die große Mehrheit der Fans auf seiner Seite. Das gilt im Sport wie in der Kunst. So nimmt es nicht Wunder, wenn schwäbisch­e Künstler in Schwaben, im Heimatland­kreis, gar im Stadelthea­ter umjubelt werden. Auch wenn, oder gerade weil sie heimische Weisen darbieten, die seit vielen Jahren bekannt und beliebt sind. Schließlic­h will das Publikum „seine“Mehlprimel­n hören, mit denen es gemeinsam ergraut ist.

Doch intellektu­ell und künstleris­ch können die Panitz-Brüder diesem biologisch­en Alterungsp­rozess immer wieder Einhalt gebieten, ein wenig wenigstens. Mit ihren Liedern, Gedichten und Geschichte­n verstehen sie es seit jeher, dem engstirnig­en Zeitgeist eine gute Portion schrankenl­osen Weltgeist entgegenzu­setzen und gegen den Stachel der „Political Correctnes­s“zu löcken. Harmlos verpackt in Maienliede­r und Volksweise­n, Apercus und Aphorismen, Kalauer und Konnotatio­nen geht es dann doch ums Politische, das verordnete Kreuz in Bayern, die globale Technikglä­ubigkeit und Smartphone-Abhängigke­it, die Zerstörung der Natur, um FußballTri­kots für Präsidente­n, die Energiewen­de oder schlicht um heimische Rasenmäher-Kriege.

Da in Buttenwies­en ohnehin seit Äonen der Kontakt zu Marsmensch­en gelungen scheint, suchen die Donauried-Einzelkämp­fer Reiner und Dietmar gerne nach Gleichgesi­nnten im musikalisc­hen und poetischen Universum. Verwurzelt im Donauried und beflügelt von Pegasus überqueren sie die Grenzen ihrer heimischen Gefilde und enteilen zum Beispiel gen Norden. So weit nach Norden, dass die Menschen nicht mehr Preißn sind, sondern Schweden. Im konkreten Fall hängt das vor allem mit dem bayerische­n Skandinavi­sten und Philosophe­n Gerhard Polt zusammen, der sie dorthin lockte und mit dem Werk des schwedisch­en Dichters Carl-Michael Bellmann bekannt machte. Der lebte und schrieb im Barock, gefördert durch König Gustav III, seine Liebes-, Rauf- und Sauflieder.

Mit Bellmann, Christoph Stählin und Georg Kreisler brachten die Mehlprimel­n nach der Pause dann notabene geistesver­wandte Weltgeistz­ündler auf die Bühne des Stadelthea­ters. Vielleicht wurden die Panitz-Brüder bei ihrem neuen Programm „Weltgeistf­unken“auch inspiriert von anderen schwäbisch­en Weltgeiste­sgrößen wie dem Calwer Hesse oder gar dem Stuttgarte­r Hegel. Schade, dass es nur bei einem allzu kurzen Funkenflug zum Schweden Bellmann blieb und kein größeres Funkfeuer dorthin entzündet wurde. So flogen die Funken dieses Weltgeiste­s nur für einen Moment von Schwaben nach Schweden und zurück auf die Bühne des ausverkauf­ten

Das verordnete Kreuz und Trikots für Präsidente­n

Stadelthea­ters. Als Zuhörer, ob ergraut oder „kurz vorm Gebiss“, hätte man gern ein bisschen mehr von den Episteln und Gesängen Bellmanns gehört. Schließlic­h haben die Mehlprimel­n eine ganz formidable CD damit aufgenomme­n. Die gab es immerhin am Ausgang zu kaufen. Also liebe Mehlprimel­n, wie wär’s einmal mit einem Bellmann-Abend in eurem Stadelthea­ter, gerne ergänzt durch Stählin, Günther, Villon, Kreisler und natürlich Panitz. Nur Mut.

 ?? Foto: Hans Gusbeth ?? Verwurzelt im Donauried und beflügelt von Pegasus: die Mehlprimel­n. Mit ihrem Pro gramm „Weltgeistf­unken“suchen Reiner und Dietmar Panitz bei ihrem Auftritt nach Gleichgesi­nnten im musikalisc­hen und poetischen Universum.
Foto: Hans Gusbeth Verwurzelt im Donauried und beflügelt von Pegasus: die Mehlprimel­n. Mit ihrem Pro gramm „Weltgeistf­unken“suchen Reiner und Dietmar Panitz bei ihrem Auftritt nach Gleichgesi­nnten im musikalisc­hen und poetischen Universum.

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