Funkenflug von Schwaben nach Schweden
Kabarett Die Mehlprimeln aus Buttenwiesen entzünden im Stadeltheater Lauingen beinahe ein bisschen Weltgeist
Lauingen Bei Heimspielen weiß man die große Mehrheit der Fans auf seiner Seite. Das gilt im Sport wie in der Kunst. So nimmt es nicht Wunder, wenn schwäbische Künstler in Schwaben, im Heimatlandkreis, gar im Stadeltheater umjubelt werden. Auch wenn, oder gerade weil sie heimische Weisen darbieten, die seit vielen Jahren bekannt und beliebt sind. Schließlich will das Publikum „seine“Mehlprimeln hören, mit denen es gemeinsam ergraut ist.
Doch intellektuell und künstlerisch können die Panitz-Brüder diesem biologischen Alterungsprozess immer wieder Einhalt gebieten, ein wenig wenigstens. Mit ihren Liedern, Gedichten und Geschichten verstehen sie es seit jeher, dem engstirnigen Zeitgeist eine gute Portion schrankenlosen Weltgeist entgegenzusetzen und gegen den Stachel der „Political Correctness“zu löcken. Harmlos verpackt in Maienlieder und Volksweisen, Apercus und Aphorismen, Kalauer und Konnotationen geht es dann doch ums Politische, das verordnete Kreuz in Bayern, die globale Technikgläubigkeit und Smartphone-Abhängigkeit, die Zerstörung der Natur, um FußballTrikots für Präsidenten, die Energiewende oder schlicht um heimische Rasenmäher-Kriege.
Da in Buttenwiesen ohnehin seit Äonen der Kontakt zu Marsmenschen gelungen scheint, suchen die Donauried-Einzelkämpfer Reiner und Dietmar gerne nach Gleichgesinnten im musikalischen und poetischen Universum. Verwurzelt im Donauried und beflügelt von Pegasus überqueren sie die Grenzen ihrer heimischen Gefilde und enteilen zum Beispiel gen Norden. So weit nach Norden, dass die Menschen nicht mehr Preißn sind, sondern Schweden. Im konkreten Fall hängt das vor allem mit dem bayerischen Skandinavisten und Philosophen Gerhard Polt zusammen, der sie dorthin lockte und mit dem Werk des schwedischen Dichters Carl-Michael Bellmann bekannt machte. Der lebte und schrieb im Barock, gefördert durch König Gustav III, seine Liebes-, Rauf- und Sauflieder.
Mit Bellmann, Christoph Stählin und Georg Kreisler brachten die Mehlprimeln nach der Pause dann notabene geistesverwandte Weltgeistzündler auf die Bühne des Stadeltheaters. Vielleicht wurden die Panitz-Brüder bei ihrem neuen Programm „Weltgeistfunken“auch inspiriert von anderen schwäbischen Weltgeistesgrößen wie dem Calwer Hesse oder gar dem Stuttgarter Hegel. Schade, dass es nur bei einem allzu kurzen Funkenflug zum Schweden Bellmann blieb und kein größeres Funkfeuer dorthin entzündet wurde. So flogen die Funken dieses Weltgeistes nur für einen Moment von Schwaben nach Schweden und zurück auf die Bühne des ausverkauften
Das verordnete Kreuz und Trikots für Präsidenten
Stadeltheaters. Als Zuhörer, ob ergraut oder „kurz vorm Gebiss“, hätte man gern ein bisschen mehr von den Episteln und Gesängen Bellmanns gehört. Schließlich haben die Mehlprimeln eine ganz formidable CD damit aufgenommen. Die gab es immerhin am Ausgang zu kaufen. Also liebe Mehlprimeln, wie wär’s einmal mit einem Bellmann-Abend in eurem Stadeltheater, gerne ergänzt durch Stählin, Günther, Villon, Kreisler und natürlich Panitz. Nur Mut.