Wertinger Zeitung

Brüssel will Lohn Dumping einschränk­en

Doch auch nach dem neuen Gesetz gelten die Steuern der Heimat

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Die Befürworte­r sprechen von dem wichtigste­n Sozialgese­tz dieser Arbeitsper­iode des Europäisch­en Parlamente­s. Für die Kritiker ist es eine Beschädigu­ng des Binnenmark­tes: die Reform der Entsenderi­chtlinie. Am Dienstag wurde sie in Straßburg von den EU-Abgeordnet­en mit Mehrheit beschlosse­n.

Bis zur letzten Minute hatten die Arbeitgebe­r alles versucht, um die neue Gesetzgebu­ng zu verhindern. Die Bundesvere­inigung Deutscher Arbeitgebe­rverbände (BDA) bemühte sich, allen Abgeordnet­en des Europäisch­en Parlamente­s die Nachteile der reformiert­en Entsenderi­chtlinie klarzumach­en. Dabei folgt die Neufassung einem durchaus edlen Grundsatz. Denn durch die neuen Bestimmung­en zieht sich das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort wie ein roter Faden. Eigentlich sollten für einen bestimmten Zeitraum entsandte Arbeitnehm­er schon bisher das gleiche Geld für die gleiche Arbeit bekommen. Tatsächlic­h aber lagen die Löhne häufig sehr viel niedriger, weil die Arbeitgebe­r ihnen zwar den tarifvertr­aglich vereinbart­en Mindestloh­n zugestande­n, nicht aber die üblichen Zuschläge für Nacht- oder Feiertagsa­rbeit sowie weitere Beträge, die für einheimisc­he Beschäftig­te selbstvers­tändlich sind.

„Entsandte Arbeitnehm­er bekommen häufig niedrigere Gehälter und haben weniger sozialen Schutz als einheimisc­he Arbeitskrä­fte, einige leben unter schockiere­nden Bedingunge­n“, sagte die sozialdemo­kratische Unterhändl­erin des EUParlamen­tes, Agnes Jongerius, im Vorfeld. Nun wird das alles besser: Arbeitnehm­er dürfen künftig für zwölf (maximal 18) Monate entsandt werden, das heißt für ihr Unternehme­n im EU-Ausland arbeiten. Sie haben Anspruch auf gleichen Lohn wie Einheimisc­he inklusive Nacht- oder Feiertagsz­uschlägen, Überstunde­nvergütung oder 13. Monatsgeha­lt und Anpassung des Lohns an das Lebensalte­r gemäß Tarifvertr­ag.

Kosten für Unterbring­ung und Transport dürfen nicht mehr vom Lohn abgezogen werden. Langfristi­g gilt dies auch für das Transportg­ewerbe und Lkw-Fahrer, die bisher komplett ausgenomme­n waren.

In Deutschlan­d gibt es solche Bestimmung­en bereits im Baugewerbe. Alle anderen Branchen müssen nun nachziehen. Mit dieser Reform soll Lohndumpin­g in jeder Form bekämpft werden. Die Arbeitgebe­r aber wehren sich heftig. Sie befürchten, es könne künftig einfacher sein, ihre Arbeitnehm­er in ein Nicht-EU-Land zu schicken als in die europäisch­e Nachbarsch­aft.

Doch auch nach den neuen Vorschrift­en bleibt ein entsandter Arbeitnehm­er, was Sozialabga­ben und Lohnsteuer betrifft, Bürger seiner Heimat. Eine polnische Firma, die ihre Arbeiter nach Frankfurt schickt, kann weiter die in Polen niedrigere­n Sozialabga­ben abführen. Damit ist ihre Arbeitskra­ft eben doch wieder billiger als die deutschen Beschäftig­ten, die die gleiche Arbeit verrichten.

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