Wertinger Zeitung

Ein Hundebiss, der tödlich endete

Im Mai 2017 starb eine 72-Jährige nach einer Tier-Attacke. Jetzt stehen die Besitzer vor Gericht. Ermittler berichten, welch einen verwahrlos­ten Haushalt sie vorfanden

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Sigmaringe­n Die alte Dame hat keine Chance. Im Mai 2017 wird sie – so schildert es der Staatsanwa­lt – in Stetten am kalten Markt bei Sigmaringe­n (Baden-Württember­g) von einem Hund der Rasse Kangal angefallen. Das Tier reißt sie zu Boden, beißt ihr mehrfach in Kopf und Hals. Zwar ist schnell ein Notarzt da. Doch der kann sich erst um die Frau kümmern, als der aggressive Hund von ihr ablässt. Die Seniorin stirbt an ihren Verletzung­en.

Vor dem Amtsgerich­t Sigmaringe­n müssen sich seit Dienstag die Besitzer des Tieres – eine 44-Jährige und der 48-jährige, von ihr getrennt lebende Ehemann – verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihnen fahrlässig­e Tötung vor. Angesichts mehrerer Vorfälle dieser Art in den vergangene­n Monaten, zuletzt am Wochenende in München, kommt auch die Frage nach strengeren Vorschrift­en bei der Hundehaltu­ng auf. Der Ehemann der getöteten 72-Jäh- der im Prozess als Nebenkläge­r auftritt, spricht sich in der Verhandlun­gspause für einen Hundeführe­rschein aus. „Der Tod meiner Frau war sinnlos und grausam“, sagt er. Er verstehe nicht, warum die Haltung von Hunden nicht besser geregelt sei. „Sonst gibt es für alles Vorschrift­en.“

In Sigmaringe­n muss das Amtsgerich­t unter anderem bewerten, ob die Besitzer den Hund der Rasse Kangal und ihre anderen Tiere artgerecht gehalten haben. Nach Ansicht des Staatsanwa­lts war das nicht der Fall. Der Hof habe nicht genug Platz geboten. Zudem sei der Kangal am Tag der Attacke mit einem Halsband angekettet gewesen, das zu abgenutzt war, um das Tier wirklich zu halten. Die Folge: Der Hund riss sich los und ging unvermitte­lt auf die alte Frau los, die auf einem Fußweg neben dem Grundstück spazieren ging. Das Tier wurde am Ende von der Polizei erschossen.

Ermittler zeichnen vor Gericht das Bild eines verwahrlos­ten Zuhauses, in dem die 44-Jährige offenbar mit der Haltung ihrer Tiere überforder­t war. Er habe einen vermüllten und verkoteten Haushalt vorgefunde­n, sagt ein Kriminalha­uptkommiss­ar – „unvorstell­bar für uns“. Bis zu 20 Katzen soll die Frau gehalten haben, zudem neben dem aggressive­n Hund noch einen weiteren Kangal und einen Mischlings­rigen, hund. Diese Hunde seien am Tag der Attacke jedoch im Haus untergebra­cht gewesen. Die 44-Jährige hatte das Haus am Tag des Angriffs am Morgen verlassen und war erst am späten Abend wieder zurückgeko­mmen – die Tiere blieben allein. Ihr Ehemann hatte ihr die Hunde nach eigenen Angaben zuvor überlassen, er selbst lebte nicht auf dem Grundstück.

Vor Gericht lassen die Angeklagte­n ihre Anwälte immer wieder betonen, dass sie nicht davon ausgegange­n seien, dass die Hunde zu so einer Attacke fähig gewesen seien. Zudem entschuldi­gen sie sich bei den Hinterblie­benen. Für den Ehemann des Opfers ein schwacher Trost: „Ich bin nicht der richtige Adressat für eine Entschuldi­gung. Sie müssten sich eigentlich bei meiner Frau entschuldi­gen“, sagt der Mann, der seine Tränen nur mit Mühe zurückhalt­en kann.

Kathrin Drinkuth, dpa

 ?? Foto: Benno Schlagenha­uf/Zollern Alb Kurier, dpa ?? Stetten am kalten Markt, Mai 2017: Ein Absperrban­d hängt über einem Fußweg zwischen zwei Häusern, auf dem ein Hund der Rasse Kangal eine 72 Jahre alte Frau ange griffen und zu Tode gebissen hat.
Foto: Benno Schlagenha­uf/Zollern Alb Kurier, dpa Stetten am kalten Markt, Mai 2017: Ein Absperrban­d hängt über einem Fußweg zwischen zwei Häusern, auf dem ein Hund der Rasse Kangal eine 72 Jahre alte Frau ange griffen und zu Tode gebissen hat.
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Foto: Christoph Schmidt, dpa Ein solcher Kangal verletzte 2017 eine Frau tödlich.

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