Wertinger Zeitung

Sie helfen, wenn der Alkohol Familien bedroht

In Dillingen treffen sich regelmäßig Kinder suchtkrank­er Eltern. Das Angebot wird noch nicht so gut angenommen

- VON CORDULA HOMANN

Im Landkreis gibt es ein Beratungsa­ngebot, dass sich an die Angehörige­n von Alkoholkra­nken richtet. Es wird wenig genutzt.

Landkreis Viele soziale Einrichtun­gen suchen Fachperson­al. Auch die Suchtfacha­mbulanz der Dillinger Caritas gehörte dazu. Von drei Vollzeitst­ellen waren im vergangene­n Jahr nur zwei besetzt. Doch jetzt ist das Team komplett und kann sein Beratungsa­ngebot ausdehnen: In Wertingen wird eine Sprechstun­de für Suchtkrank­e angeboten. Sie soll künftig dienstags von 14 bis 16 Uhr im dortigen Jugendzent­rum stattfinde­n.

Bei einem Treffen des gesamten Kollegiums wurde auch die Bilanz für 2017 vorgestell­t: 1462 Kontakte wurden wahrgenomm­en. Von den 291 Klienten waren 199 Männer und 92 Frauen, darunter insgesamt vor allem Menschen im Alter zwischen 18 und 60 Jahre. Suchtprobl­em Nummer Eins ist mit 60,1 Prozent nach wie vor Alkohol, sagte Sabine Schmidt, Leiterin der Einrichtun­g. Cannabis betrifft 16 Prozent der Klienten, 23,8 Prozent haben ein anderes Suchtprobl­em. Insgesamt sei der Cannabis-Konsum leicht gestiegen, außerdem wurden vermehrt Fragen zu Essstören registrier­t.

In der ambulanten Nachsorge wurden 21 Menschen betreut. Auffallend ist: in ambulante oder stationäre Entwöhnung­smaßnahmen wurden 2017 insgesamt 18 Menschen vermittelt. Bereits im ersten Quartal dieses Jahres gab es schon 14 Anträge. Die ambulante Reha für Suchtkrank­e wird gemeinsam im Donau in Dillingen und in Donauwörth durchgefüh­rt. Neu ist, dass jederzeit nach Vorliegen einer Kostenzusa­ge begonnen werden kann und es freie Plätze gibt. Auch die psychosozi­ale Begleitung für Substituie­rte bietet die Suchtfacha­mbulanz in Dillingen an. 15 Klienten werden dort kostenlos betreut, doch vermutlich sei der Bedarf höher, sagt Sabine Schmidt.

Besonders am Herzen liegt den Frauen das Projekt Kinder suchtkrank­er Eltern KIASU. Es ist im Juli 2017 gestartet. Die AOK Bayern unterstütz­t das Projekt mit einer Anschubfin­anzierung im Rahmen der Initiative „Gesunde Kommune“. Der Landkreis Dillingen hat als Gesundheit­sregionplu­s die Fördergeld­er beantragt und verwaltet sie. In diesem Rahmen betreuen Jessica Ochsenbaue­r und Constanze Bögel 14-tägig Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren. Immer freitags von 15.30 bis 17 Uhr treffen sich Schüler, deren Eltern, Geschwiste­r oder andere Verwandte ein Drogen- und Alkoholpro­blem haben, zu viele Medikament­e nehmen, oder zu viel Glücksspie­l, Internet oder andere Medien nutzen. In der Gruppe könTherapi­everbund nen sie über ihre Probleme sprechen. So gibt es Kinder, die in der Schule den Klassenclo­wn spielen, um Probleme daheim zu vergessen. Andere trauen sich nicht, Freunde mit nach Hause zu bringen. Oder schlagen eine Geburtstag­seinladung aus, weil sie Angst davor haben, dass sie ihre Mitschüler auch zum Geburtstag einladen müssen, zählt Barbara Habermann, Referatsle­itung Sucht und Psychiatri­e einige Beispiele auf.

Manche Kinder geben sich die Schuld für ein Alkoholpro­blem der Eltern daheim und leiden darunter, dass sie es nicht lösen können. Sie fühlen sich verantwort­lich dafür oder ziehen sich immer mehr in ein Schneckenh­aus zurück, um den betroffene­n Elternteil nicht noch mehr zu belasten.

In der Gruppe erfahren sie, dass es auch anderen Kindern so geht. Weder der Klassenclo­wn, noch der Familienhe­ld seien kindgerech­te Rollen, betont Barbara Habermann – die auch in Familien vorkommen können, die kein Suchtprobl­em haben. Doch Kinder aus suchtbelas­teten Familien haben eine größere Belastung. Und ein um das Sechsfache erhöhte Risiko, selbst an einer Sucht zu erkranken. Auch die Gefahr psychische­r Erkrankung­en ist bei diesem Nachwuchs höher. Doch weil die Eltern ihrerseits oft selbst aus Suchtfamil­ien stammen, tun sie sich schwer, den richtigen Weg zu finden. „Sie wollen gute Eltern sein – alle – aber sie kennen es nicht anders. Oder stehen gesundheit­lich so unter Druck, dass das Kind vernachläs­sigt wird“, sagt Babara Habermann. In der Gruppe sollen die Kinder auch lernen, dass es nicht ihre Schuld ist, wenn zum Beispiel ein Elternteil trinkt, sondern dass Alkoholism­us eine Krankheit ist.

Es könnten mehr Kinder im Gruppenrau­m der Caritas in Dillingen betreut werden. Bei Bedarf ist auch eine Gruppe für Jugendlich­e möglich. Doch die Hemmschwel­le, sein Kind dorthin zuschicken, ist groß, sagt Sabine Schmidt.

Ein Mal im Monat trifft sich eine Gruppe Angehörige­r von Suchtkrank­en. Aus dieser Gruppe heraus stammen die bis jetzt die vermittelt­en Kinder. Die Fachleute der Suchtfacha­mbulanz hoffen, dass noch mehr Kinder und Jugendlich­e KIASU in Anspruch nehmen. Dass mehr Menschen für die Probleme dieser Kinder sensibilis­iert werden. „Wichtig sind Zivilcoura­ge und Hinsehen“, appelliert Sabine Schmidt.

Sie ist sich sicher, dass weit mehr Kinder betroffen sind, als bislang die Gruppe besuchen. Wem auffällt, dass ein Mitschüler oder ein Nachbarski­nd Probleme hat, müsse das auch nicht direkt ansprechen. „Das ist eine sensible Geschichte. Aber dafür stehen ja wir zur Verfügung und beraten.“

Kontakt Die Suchtfacha­mbulanz der Caritas in Dillingen ist telefonisc­h unter 09071/71136 erreichbar oder per E Mail an Suchtfacha­mbulanz.dillingen@cari tas augsburg.de

Jetzt ist also das große Fußballfin­ale der Saison: Erst die Relegation­sspiele in den Hobbyligen, in zehn Tagen dann endlich die Weltmeiste­rschaft. Haben Sie schon gewusst, dass Fußball nicht nur für die Kicker auf dem Platz gesund ist, sondern auch für die Zuschauer? Eine Couch-Potato dürfen Sie da aber nicht sein.

Denn aktives Fernsehguc­ken macht fit und sogar ein bisschen gesund, hat Reinhard Schneiderh­an, Orthopäde aus München und Präsident der Deutschen Wirbelsäul­enliga, mal der Nachrichte­nagentur dpa erklärt. Auch wer Rückenbesc­hwerden hat, müsse nicht aufs Jubeln verzichten: Jubelsprün­ge und La-Ola-Wellen seien sogar besser, als ewig bewegungsl­os im Stadion zu stehen oder vor dem Fernseher zu sitzen. Bleibt man dagegen lange unveränder­t in einer Position, löse das häufig Verspannun­g und Krämpfe an der Wirbelsäul­e aus. Das Auf und Ab der Arme bei einer La-Ola-Welle helfe, den Schulterbe­reich zu lockern, sagt der Arzt.

Jetzt müssen wir also nur noch hoffen, dass es dann auch genug Gründe zum Jubeln gibt. Und Bier, Bratwurst und Chips beiseite stellen. Wobei: Fußball mit Gemüsestic­ks und Leitungswa­sser ist irgendwie schon gewöhnungs­bedürftig. Dann lieber noch ein bisschen enthusiast­ischer jubeln. Oder selbst mal eine Runde kicken.

 ?? Foto: Homann ?? Das Team der Dillinger Suchtfacha­mbulanz, im Bild hinten von links: Jessica Ochsen bauer, Sabine Schmidt, Diana Schäfer, Nanki Bhalla und Carolin Rolle. Vorne von links Eva Kannamülle­r, Barbara Habermannn, Renate Hausmann und Constanze Bö gel. Sie und Jessica Ochsenbaue­r betreuen Kinder suchtkrank­er Eltern.
Foto: Homann Das Team der Dillinger Suchtfacha­mbulanz, im Bild hinten von links: Jessica Ochsen bauer, Sabine Schmidt, Diana Schäfer, Nanki Bhalla und Carolin Rolle. Vorne von links Eva Kannamülle­r, Barbara Habermannn, Renate Hausmann und Constanze Bö gel. Sie und Jessica Ochsenbaue­r betreuen Kinder suchtkrank­er Eltern.

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