Wertinger Zeitung

In Bayern hinkt die Bahn noch hinterher

Städte, Regionen und Wirtschaft erhöhen den Druck für den Ausbau der europäisch­en Magistrale Paris–Budapest

- VON JOACHIM BOMHARD

Augsburg Sie hängen wie Perlen an einer Kette: 18 Städte zwischen Paris und Budapest. Mittendrin: Ulm und Augsburg. Das Ziel, das sie seit mehr als 25 Jahren gemeinsam verfolgen: Eine schnelle und leistungsf­ähige Bahnverbin­dung mitten in Europa. Mit einer „Augsburger Erklärung“macht die „Initiative Magistrale für Europa“, der neben elf der Städte auch acht Regionen und fünf Wirtschaft­skammern angehören, nun Druck insbesonde­re auf die Bahn, dass es hier nicht zu Engpässen kommt.

„China hat die Seidenstra­ße wieder entdeckt, wir haben unsere Magistrale“, sagt der Vorsitzend­e der Initiative, Karlsruhes Oberbürger­meister Frank Mentrup (SPD), am Rande einer Tagung der Initiative in Augsburg. Und die soll „zügig“ausgebaut werden, ergänzt der Präsident der IHK Schwaben, Andreas Kopton: „Wir brauchen eine schnelle Lösung.“Mentrup betont die europäisch­e Dimension. Die Magistrale halte Ost und West zusammen.

Es klemmt aber vor allem auf bayerische­m Boden. Wie etwa soll die Strecke zwischen Neu-Ulm und neu oder ausgebaut werden, um die Fahrzeit von 44 auf 30 Minuten zu verkürzen? Was muss investiert werden, damit die Hochgeschw­indigkeits­strecke „nicht zu Lasten des Nahverkehr­s“geht, wie Augsburgs Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU), betont? Hier beginnen gerade mal die vorbereite­nden Planungen. Immerhin will die Bahn noch vor der Sommerpaus­e über den Ablauf des Verfahrens informiere­n. Im Gespräch sind zwei Varianten: Eine Modernisie­rung der bestehende­n Strecke oder ein Neubau weitgehend parallel zur Autobahn A 8. Letztere Variante wäre in vergleichb­ar mit der Neubaustre­cke Stuttgart–Ulm, deren Bau voranschre­itet und die schon 2022 fertig sein könnte. In der Augsburger Erklärung wird betont, dass bei einem Neubau der Strecke aber auch der Günzburger Bahnhof eingebunde­n werden muss, um hier das Angebot mit Fernverkeh­rszügen noch zu stärken.

Das zweite Nadelöhr in Bayern für eine Schnellstr­ecke zwischen Paris und Budapest liegt östlich von München. Auch hier fordert die Magistrale­n-Initiative den vollständi­gen zweigleisi­gen Ausbau, die Elektrifiz­ierung und Beschleuni­Augsburg gung der Strecke über Mühldorf und Freilassin­g nach Salzburg.

Aussagen über einen möglichen Zeitraum der Realisieru­ng der beiden Milliarden­projekte – allein zwischen Ulm und Augsburg rechnet man mit Ausgaben von zwei Milliarden Euro – will keiner der Magistrale­n-Vertreter machen. Aber alle betonen die wirtschaft­liche Bedeutung für die an der Magistrale liegenden Regionen. Das Karlsruher Verkehrspl­anungsinst­itut Ramboli beziffert den volkswirts­chaftliche­n Nutzen des Ausbaus der noch fehlenden Abschnitte zwischen Straßburg und Wien auf jährlich 720 Miletwa lionen Euro. Er resultiere vor allem aus dem Wert der Fahrzeitve­rkürzung sowie den ökologisch­en Entlastung­en. Diese ergeben sich durch die geschätzte Verlagerun­g von 1,6 Millionen Personen-Fahrten pro Jahr von Pkw und Flugzeug in die Bahn sowie von 200 000 Lkw-Ladungen auf die Schiene. Mentrup nennt ein Beispiel, wie das funktionie­rt: Seitdem TGV und ICE für die 500 Kilometer von Paris nach Stuttgart nur noch drei Stunden und zehn Minuten brauchen, sei der Marktantei­l der Bahn auf dieser Strecke gegenüber dem Konkurrent­en Flugzeug auf 70 Prozent gestiegen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany