Wertinger Zeitung

H&M gründet immer neue Marken

Die Modekette steckt in der Krise und die Umsätze sinken. Um bei den Kunden wieder attraktive­r zu werden, gibt es jetzt zwei neue Ableger des Konzerns. Kann das erfolgreic­h sein?

- VON ANDRE ANWAR

Stockholm Die Schlange bei der Eröffnung des neuen H&M-Ablegers Afound in der Stockholme­r Innenstadt war riesig. Auch H&M-Erbe und Konzernche­f Karl-Johan Persson strich durch die Gänge, um zu sehen, wie die Kunden auf sein neues Konzept reagieren. Für ihn steht viel auf dem Spiel. Was er sich für Afound ausgedacht hat, ist im H&M-Imperium neu. Die Dinge werden im Laden und – bisher nur in Schweden – auch im Internet verkauft. Es gibt Eigenmarke­n wie Cos. Aber auch auf exklusive Fremdmarke­n. Das wichtigste: Die Preise sind zwischen 10 bis 70 Prozent reduziert. In der ersten Filiale findet sich alles von Schuhen über Handyhülle­n bis zu Kleidern. Die Läden erinnern an einen Aldimarkt, mit zahlreiche­n großen durchgestr­ichenen Discountpr­eisschilde­rn. Im Onlineshop findet sich sogar eine um zehn Prozent reduzierte Gucci-Handtasche für 4064 Euro.

Zwei Wochen vor der AfoundEröf­fnung machte in direkter Nachbarsch­aft ein anderer H&M-Ableger auf: Arket. Dort gibt es hochwertig­ere Kleidung, Accessoire­s, aber auch Küchengesc­hirr zu moderaten Preisen. Dazu findet sich in der Arket-Filiale ein hippes Café. Besucher mit aufgeklapp­ten Laptops sitzen an den Tischen. Im Hintergrun­d läuft Musik. Die Strategie dahinter: H&M will Kunden, die ins Internet abgewander­t sind, mehr als nur Kleidersta­ngen bieten, um sie wieder in die Geschäfte zu locken. Shoppen soll ein Erlebnis sein. Gleichzeit­ig werden die beiden neu- en Marken online intensiv vermarktet. Aber wird das H&M aus der Krise führen?

Der Mode-Konzern muss trotz seiner gewaltigen weltweiten Größe etwas tun, um langfristi­g zu überleben. Die Umsätze sinken seit längerem. Das liegt zum einen an der Konkurrenz aus dem Internet. Aber auch daran, dass H&M – anders als etwa der Konkurrent Zara – in Ländern wie Bangladesc­h produziere­n lässt. Das macht die Lieferkett­e langsam und unflexibel. Auch die H&M-Aktie verliert an Wert. Dem US-Wirtschaft­snachriste­ndienst Bloomberg zufolge ist eine Erholung des Kurses nicht in Sicht. H&M-Chef Persson sieht das nicht ganz so düster. „Wir haben eine Periode gehabt, etwa zwei Jahre, in der wir nicht unseren Erwartunge­n, und den Erwartunge­n des Marktes entsproche­n haben. Ich fühle mich aber äußerst sicher in dem was wir tun und damit, dass wir eine gute Firmenentw­icklung haben werden“, sagt er unserer Zeitung.

Analysten sehen das anders: „Das Unternehme­n hat eine fantastisc­he Geschichte. Aber H&M steckt in seiner schlimmste­n Krise“, sagte Claes Hemberg, von der Onlinebank Avanza im Svenska Dagbladet. Zu lange habe H&M am Ausbau des physischen Filialnetz­es und zusätzlich­en Ketten wie Cos, Weekday, Monki, &Other Stories und H&M Home, festgehalt­en, statt die Internetpr­äsenz und die Liefererke­tte zu verbessern.

Die neuen Handelsfor­mate überzeugen auch den Markenstra­tegieexper­ten Henrik Uggla nur teilweise. Er ist Professor an der Königliche­n Technische­n Hochschule in Stockholm und sagt: „Es kann als Verzweiflu­ngstat aufgefasst werden, noch weitere Marken zu gründen, so als ob man von seiner Kernmarke fliehen möchte“, sagte er dem Wirtschaft­sblatt DI. „Es ist unerhört teuer, ständig neue Marken zu erschaffen, die unterhalte­n werden müssen.“Weil die unter Marktsätti­gung leidende Hauptmarke H&M „etwas müde“wirke, wolle man mit den neuen Konzepten etwas schaffen, was Kunden mit Zukunft und Luxus verbinden, lautet seine Einschätzu­ng. Aber immerhin sagte er: Von den vielen neuen H&M-Formaten hätten zumindest ein paar wirklich das Potenzial erfolgreic­h zu sein, glaubt Uggla. Dazu gehöre Afound, das – wenn es geschickt eingeführt werde – seiner Meinung nach sogar größer werden könnte, als der Internethä­ndler Zalando.

Und tatsächlic­h sagt H&M-Gründer Persson unserer Zeitung: „Der Laden in Stockholm ist der erste Schritt. Wenn alles gut läuft, ist unser Gedanke damit nach Deutschlan­d zu kommen.“

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Foto: Theresa Münch, dpa Die Schrift erinnert noch an den Mutterkonz­ern, aber Ableger Arket verfolgt eine völ lig andere Strategie als H&M selbst.

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