Wertinger Zeitung

Immer mehr Hundeattac­ken

Weil sich die Vorfälle häufen, befasst sich in Baden-Württember­g die Politik damit. In Niedersach­sen ändert sich ab Juli für Halter etwas. Dort sorgte der „Fall Chico“für Entsetzen

- VON ULRIKE BÄUERLEIN

Stuttgart Die Meldungen reißen nicht ab: Beim Versuch, eine Anwohnerin über ihren ausgebüxte­n Hund zu informiere­n, ist ein Mädchen in Untereises­heim in BadenWürtt­emberg von dem Schäferhun­d gebissen worden, berichtet die Deutsche Presse-Agentur Mitte Mai. Die Achtjährig­e musste in einem Krankenhau­s behandelt werden. Kurz zuvor wurden in Weinsberg, ebenfalls Baden-Württember­g, zwei Spaziergän­gerinnen von einem entlaufene­n Mischlings­hund attackiert. Ende Mai 2017 hatte ein Hund der Rasse Kangal eine 72-Jährige in Stetten am kalten Markt im Kreis Sigmaringe­n totgebisse­n.

Trotz sich häufender Beißattack­en müssen Hundehalte­r in BadenWürtt­emberg vorerst aber nicht mit der Verpflicht­ung zu einem Sachkunden­achweis rechnen. Das teilten die beiden zuständige­n Ministerie­n – das Innenminis­terium (für Sicherheit­sbelange) und das Landwirtsc­haftsminis­terium (für den Tierschutz) – unserer Zeitung auf Anfrage mit. „Die Einführung eines sogenannte­n Hundeführe­rscheins für alle Hundehalte­r ist derzeit kein Ziel der Landesregi­erung“, hieß es.

Aufgrund der Hundeattac­ken war mehrfach ein Sachkunden­achweis gefordert worden, auch die Landtags-SPD hatte sich dafür ausgesproc­hen. Zwar gibt es in BadenWürtt­emberg seit 2000 eine Polizeiver­ordnung, die das Halten von gefährlich­en Hunderasse­n regelt und einen Wesenstest für bestimmte Hunde vorschreib­t. Allerdings sind diese Tiere nur für einen geringen Teil der Beißattack­en verantwort­lich. 2017 waren sie an lediglich 38 der 1369 Vorfälle in Baden-Württember­g beteiligt, bei denen Menschen durch Hunde verletzt wurden. Die meisten Angriffe erfolgten durch Hunderasse­n wie Terrier oder Dackel, für deren Haltung und Halter es keine Vorschrift­en gibt.

Andere Bundesländ­er greifen härter durch: In Niedersach­sen etwa brechen für Hundefreun­de ab 1. Juli neue Zeiten an. Dort muss künftig jeder, der einen Hund halten will, einen Sachkunden­achweis vorlegen – eine Art Hundeführe­rschein, der eine theoretisc­he und praktische Prüfung vorsieht und bei einer zertifizie­rten Stelle abgelegt werden muss. Ausgenomme­n werden können nur Personen mit nachweisli­ch langjährig­er Erfahrung in der Haltung von Hunden. In Niedersach­sen war es im vergangene­n April zu einem Vorfall gekommen, der bundesweit Schlagzeil­en machte: Staffordsh­ire-Terrier-Mischling Chico hatte in Hannover seine im Rollstuhl sitzende Besitzerin und deren Sohn totgebisse­n.

Auch in Bayern kommt es häufig zu Hundeattac­ken. Ende Mai erst erklärte etwa ein Sprecher der Deutschen Post, dass es im Freistaat im vergangene­n Jahr knapp 320 Angriffe auf Brief- und Paketzuste­ller gegeben habe – im Vergleich zu 301 derartiger Vorfälle im Jahr 2016 und 274 im Jahr 2015. (mit wida)

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Foto: Hauke Christian Dittrich, dpa Im April biss Staffordsh­ire Terrier Mischling Chico seine Besitzer tot.

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