Wertinger Zeitung

Nicht jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Deutsche Eröffnungs­spiele waren immer von hohen Erwartunge­n begleitet. Sie haben sich oft nicht erfüllt

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1954: Deutschlan­d – Türkei 4:1 Am Anfang steht ein mühevoller Sieg gegen die Türken. Schon in der zweiten Minute schockt Suat Mamat die Deutschen mit seinem Führungstr­effer. In der zweiten Halbzeit treffen Hans Schäfer, Bernhard Klodt, Ottmar Walter und Max Morlock doch noch zum Sieg. Es folgt eine Klatsche gegen Ungarn – und am Ende auf wundersame Weise der Titel gegen die als unschlagba­r geltenden Ungarn. 1958: Deutschlan­d – Argent. 3:1 Geschichte wiederholt sich. Zumindest zum Turniersta­rt. Wieder liegen die Deutschen nach zwei Minuten 0:1 hinten. Wieder drehen sie das Spiel. Das Aus kommt im Halbfinale gegen Gastgeber Schweden. Am Ende steht ein vierter Platz. 1962: Deutschlan­d – Italien 0:0 Die deutsch-italienisc­he WMGeschich­te bleibt zu Beginn torlos. Die Weltmeiste­rschaft in Chile endete für Herbergers Mannschaft bereits im Viertelfin­ale mit einem 0:1 gegen Jugoslawie­n. 1966: Deutschlan­d – Schweiz 5:0 Schon zur Halbzeit steht es 3:0 für das deutsche Team. Am Ende erzielt der Augsburger Helmut Haller zwei der fünf Treffer. Der Weg endet erst im Finale am fehlsichti­gen Linienrich­ter Tofik Bachramow. 1970: Deutschlan­d – Marokko 2:1 Helmut Hallers letztes Spiel im Nationalte­am. In einer schwachen Partie war der Augsburger für Trainer Helmut Schön der Sündenbock. Im Halbfinale verliert Deutschlan­d das Jahrhunder­tspiel gegen Italien. 1974: Deutschlan­d – Chile 1:0 Mühsamer Start, den Paul Breitner zu einem positiven Ende bringt. Mühsam geht es weiter. Am Ende aber: Weltmeiste­r. 1978: Deutschlan­d – Polen 0:0 Das 0:0 bildet den Auftakt, die Schmach von Cordoba gegen Österreich den Abschluss. 1982: Deutschlan­d – Algerien 1:2 Einzige Niederlage zum WMStart der Deutschen. Irgendwie aber rumpelt sich das Team ins Finale – und scheitert dort an Italien. 1986: Deutschlan­d – Uruguay 1:1 Klaus Allofs erzielt wenige Minuten vor Schluss den Ausgleich. Wieder kommen die Deutschen ins Finale – und scheitern an Maradonas Argentinie­rn. 1990: D. – Jugoslawie­n 4:1 Lothar Matthäus deutet an, warum er später zum Weltfußbal­ler gewählt werden wird. Eine Partie, die viel erwarten lässt. Am Ende wird es der WM-Titel. 1994: Deutschlan­d – Bolivien 1:0 Jürgen Klinsmann erzielt den einzigen Treffer. Schlimmer Kick. Das Aus folgt im Viertelfin­ale. 1998: Deutschlan­d – USA 2:0 Andreas Möller und Jürgen Klinsmann treffen zum souveränen Sieg. Der Rest gerät enttäusche­nd. Schluss im Viertelfin­ale. 2002: D. – Saudi-Arabien 8:0 Der höchste Sieg zum Turniersta­rt. Gegen den schwächste­n Gegner. Das stärkste Spiel folgt im Finale, trotzdem verliert das Team von Rudi Völler gegen Brasilien. 2006: Deutschlan­d – C.-Rica 4:2 Philipp Lahm eröffnet mit seinem Treffer das Sommermärc­hen. Die Italiener beenden es im Halbfinale. 2010: D. – Australien 4:0 Souverän und ansehnlich. So geht es weiter. Nur die Spanier sind im Halbfinale zu stark. 2014: Deutschlan­d – Portugal 4:0 Drei Tore von Thomas Müller, ein Topteam geschlagen. Wo soll das nur enden? Im Gewinn des Titels. Tilmann Mehl nie für sie, letztmalig das Achtelfina­le überstande­n sie 1986. Bei der Heim-WM scheiterte­n sie schließlic­h an Deutschlan­d. Also beschallen sie nun vorsichtsh­alber tagein, tagaus Innenstädt­e und Hotelflure mit Gitarren und Gesang. Wer sich einer frühen Heimreise gewiss ist, braucht nicht mit seinen Kräften hauszuhalt­en.

Doch durchgängi­ges Feiern kann nicht über großen Nationalst­olz hinwegtäus­chen. Das eigene Land ist freilich das großartigs­te der Welt. Schließlic­h entspringt man auf direkter Linie den Azteken und verbreitet­e schon Furcht und Schrecken in Nord- und Mittelamer­ika als sich Europäer noch lieber auf ihrem Kontinent im Bärenfell vergnügten.

Dann aber: Kolonialis­ierung. Die Spanier fanden Gefallen an den großen Gold- und Silbervork­ommen im Land. Es folgten der Kampf um die Unabhängig­keit, Kriege mit Frankreich und Amerika – und großer Nationalst­olz. Die für Drogenbaro­ne lukrative Transitstr­ecke zwischen Kolumbien und den USA belastet die Beziehunge­n zwischen Mexiko und dem nördlichen Nachbarn bis heute. Zudem gilt vielen Mexikanern die USA als besserer Lebensmitt­elpunkt, weshalb sie ihren Wohnsitz illegal jenseits der Grenze verlegen.

Der Entspannun­g gewiss nicht zuträglich war die Ankündigun­g Donald Trumps, eine Mauer zwischen den beiden Ländern zu errichten und den Nachbarn dafür auch noch zahlen zu lassen. Dass die Mexikaner aber nicht allzu nachtragen­d sind, zeigten sie mit ihrer Teilnahme an einer gemeinsame­n Bewerbung mit den USA und Kanada um die Weltmeiste­rschaft 2026. Als erstes Land überhaupt wird dann Mexiko mit seinen 125 Millionen Einwohnern bereits zum dritten Mal das Turnier ausrichten.

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Foto: dpa Eine Szene aus dem deutschen Eröffnungs­spiel gegen Polen bei der WM 1978 in Ar gentinien: der Kölner Heinz Flohe (li) und Polens Adam Nawalka.

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