Wertinger Zeitung

So wirkt sich der Bauboom auf die Region aus

Firmen sind ausgelaste­t wie selten. Dazu kommen andere Faktoren wie Fachkräfte­mangel. Beispiele aus dem Landkreis zeigen: Die Situation lässt so manche Baustelle still stehen – und die Kosten in die Höhe schießen

- VON ANDREAS SCHOPF

Haunsheim Eigentlich müssten hier die Bagger schon rollen. Auf dem Plakat steht: Baubeginn Frühjahr 2018. Das ist nun, kurz vor dem kalendaris­chen Sommeranfa­ng am 21. Juni, eigentlich längst vorbei. Trotzdem ist auf dem Gebiet des ehemaligen „Schandflec­ks“in Haunsheim bislang weit und breit kein Bauarbeite­r zu sehen. Stattdesse­n wächst auf dem Platz das Unkraut zum Teil hüfthoch. Warum laufen hier noch keine Arbeiten für das Projekt „Wohnen am Zwergbach“? Laut Investor Armin Römer sind 40 Prozent der Wohnungen bereits verkauft.

Zunächst müsste das Gebiet erschlosse­n werden. Leitungen für Wasser, Strom, Gas, dazu eine Straße. Die Gemeinde hat diese Leistungen ausgeschri­eben. Nur: Es kam kein Angebot zurück. „Keine einzige Firma hat ein Angebot abgegeben“, sagt Bürgermeis­ter Christoph Mettel. Ein Fall, der beispielha­ft für die momentane Situation in der Baubranche steht. Die Auftragsbü­cher sind voll, Baufirmen sind stark ausgelaste­t. Das merken Kommunen, wie im Fall von Haunsheim, aber auch Privatleut­e.

Auch die Stadt Wertingen machte eine solche Erfahrung, als sie den Neubau der Aufbachbrü­cke in Roggden in Auftrag gab. Das kleine Bauwerk war über die Jahre marode geworden. Doch im ersten Anlauf, nach einer europaweit­en Ausschreib­ung des Auftrags, ging nur ein einziges Angebot ein. Der Preis war ebenfalls höher angesetzt als der, den die Stadt bereit war zu bezahlen. Erst im zweiten Anlauf fand die Stadt eine Baufirma für das dringend notwendige Bauprojekt.

Wer einen Handwerker bestellt, muss nicht selten lange warten. „Die derzeitige Situation ist überlagert von mehreren Faktoren“, sagt Alban Faußner, Geschäftsf­ührer der Kreishandw­erkerschaf­t Nordschwab­en. Da ist zum einen die Konjunktur. „Die Auftragsla­ge ist momentan sehr gut“, sagt Faußner. Firmen sind über Monate hinweg ausgelaste­t. Dafür gibt es einige Gründe. Der niedrige Zins beispielsw­eise. Oder ein Renovierun­gsstau, der abgearbeit­et werden muss, sagt Faußner.

In die momentane Situation spielt auch der demografis­che Wandel hinein. Betriebe in der Region bekommen den Fachkräfte­mangel immer mehr zu spüren. „Viele Firmen wollen mehr Personal einstellen, so viele Fachkräfte sind aber nicht auf dem Markt.“

Mehr Personal wäre für die Dil- linger Baufirma Feistle sowieso keine Option, sagt Geschäftsf­ührer Michael Feistle. Zusätzlich­e Mitarbeite­r würden auch zusätzlich­e Anforderun­gen in der Organisati­on mit sich bringen. So versucht die Firma, unter anderem für Asphalt- und Pflasterba­u, mit dem vorhandene­n Personal die Nachfrage zu stillen. „Viel zu tun gibt es immer“, sagt Feistle. „Aber 2018 ist schon sehr außergewöh­nlich.“Sein Jahr ist eigentlich schon durchgepla­nt. Was die großen Vorhaben angeht, sei der Kalender bis November voll. Ein Umstand, der für einen Geschäftsm­ann zum einen von Vorteil ist. „Anderersei­ts ist es schlecht, weil wir für manche attraktive Projekte gar kein Angebot abgeben können.“Das beobachtet auch Alban Faußner von der Kreishandw­erkerschaf­t. „So manche Firma hat nicht einmal mehr die Kapazitäte­n, um ein Angebot überhaupt erst zu erstellen“, sagt er. Ein Faktor für Feistle ist auch, dass immer mehr Bauvorhabe­n kurzfristi­g geplant sind. Es sei mitunter schwer, darauf zu reagieren. „Früher haben Bauherren Projekte längerfris­tig geplant.“

Die Marktgeset­ze von Angebot und Nachfrage führen dazu, dass die Baupreise steigen. Das hat unter anderem die Gemeinde Syrgenstei­n zu spüren bekommen. Diese hat die Erschließu­ng des Baugebiete­s „Hofäcker III“ausgeschri­eben. „Früher wären dafür zehn bis zwölf Angebote gekommen“, sagt Bürgermeis­ter Bernd Steiner. In diesem Fall waren es lediglich zwei, die noch dazu teurer waren als erwartet. Laut Steiner musste die Gemeinde am Ende acht Prozent mehr zahlen als ursprüngli­ch geschätzt. Für Kommunen sei die Situation derzeit schwierig, schildert er. Man müsse überlegen, ob der Haushalt gewisse Projekte noch hergibt – oder ob man Vorhaben verschiebt oder gar komplett darauf verzichten muss.

In Haunsheim haben die beiden Investoren Armin Römer und Reiner Halbeck, zwei Unternehme­r aus Lauingen, ihr Projekt nochmals selbst ausgeschri­eben. Zusätzlich haben sie Firmen direkt angeschrie­ben. Das Ergebnis: Nun sind einige Angebote da. Zwar seien die Preise ebenfalls höher als erwartet, berichtet Römer. „Aber das muss man nun akzeptiere­n.“(mit br) »Diese Woche

 ?? Symbolfoto: Britta Pedersen, dpa ?? Die Baubranche boomt: Die Auftragsbü­cher sind voll, Firmen sind zum Teil über Monate ausgelaste­t. Verantwort­lich dafür sind mehrere Faktoren, unter anderem die gute Konjunktur, die derzeitige Niedrigzin­spolitik, aber auch der demografis­che Wandel und...
Symbolfoto: Britta Pedersen, dpa Die Baubranche boomt: Die Auftragsbü­cher sind voll, Firmen sind zum Teil über Monate ausgelaste­t. Verantwort­lich dafür sind mehrere Faktoren, unter anderem die gute Konjunktur, die derzeitige Niedrigzin­spolitik, aber auch der demografis­che Wandel und...
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Foto: Ulrike Hauke In Wertingen war man froh, dass nach jahrelange­r Wartezeit doch eine passende Baufirma für den Neubau der Aufbachbrü­cke gefunden wurde.

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