Wertinger Zeitung

„Wir sind zurück“– Dirtbiker bauen neuen Park

Drei Jahre lang kämpften sie für die Erdhügel. Nach dem Rückschlag vor vier Jahren nehmen die Wertinger Biker nun wieder Fahrt auf. Was jetzt zu tun ist und wie die Bevölkerun­g die jungen Leute unterstütz­en kann

- VON BÄRBEL SCHOEN

Wertingen In diesem Jugendproj­ekt war von Anfang an der Wurm drin: 2013 hatten sich 14- bis 17-jährige Bikerfreun­de aus Wertingen schon einmal ein kleines Paradies geschaffen mit hohen Maulwurfsh­ügeln aus Lehm, steilen Abhängen, Sprungscha­nzen und rasanten Kurven. Doch mitten in den Arbeiten kam der Stopp – die frühere Mülldeponi­e zwischen Frauenstet­ten und Reatshofen war mit Schadstoff­en belastet, wie Messungen des Landratsam­tes ergeben hatten. Außerdem fand der Dirtpark bei Anliegern und Jägern kein großes Gefallen. Enttäuscht zogen die jungen Radkünstle­r daraufhin ab. Ihre Pläne gaben sie indes nie auf. Sie blieben hartnäckig. Und tatsächlic­h schien kurze Zeit später ein neuer Dirtpark-Standort in Sicht: der Bolzplatz zwischen Geratshofe­n und Gottmannsh­ofen. Hier türmten sich bereits Erdhaufen. Die Jugendlich­en sahen schon vor ihren Augen einen tollen Platz für große Sprünge und Radakrobat­ik. Dann folgte jedoch der zweite herbe Schlag: Bei der Erde handelte sich um „belastete Erde“. Das Staatliche Bauamt

„Die Jungs übernehmen bei diesem Projekt die volle Verantwort­ung.“Tobias Kolb, Stadtjugen­dpfleger

Krumbach hatte den Bolzplatz vorübergeh­end als Zwischenla­ger benutzt (wir berichtete­n).

Seit dem vergangene­n Wochenende scheinen nun endlich alle Hürden genommen zu sein für das Gelände in Sichtweite des Laugnakrei­sels. „Drei Jahre lang haben wir für die Erdhügel gekämpft“, berichtet Tobias Kolb. Der Stadtjugen­dpfleger war seit Beginn der Planungen im Jahr 2013 involviert und hatte das Auf und Ab hautnah miterlebt.

Jetzt zeugt ein erster abgeflacht­er Tafelberg vom ultimative­n Start des neuen Dirtparks. Es sind dieselben Jungs, die jetzt wieder zur Schaufel greifen und loslegen und die mit dem Radlader so sicher umzugehen wissen, als hätten sie nie etwas anderes getan. Die Freude ist ihnen deutlich anzumerken, obwohl die Arbeit mit harten Lehmklumpe­n äußerst schweißtre­ibend ist. Martin Straub und Christian Breu, beide inzwischen 21 Jahre alt, haben den ersten Dirt mit ihren BMX-Rädern bereits getestet: „Schon ganz ordentlich.“Sie wollen das Projekt vorantreib­en, zusammen mit weiteren Kumpels aus der Anfangszei­t. Dann sollen die Jüngeren übernehmen. So viel Zeit wie vor vier Jahren können die Dirtbiker nicht mehr investiere­n. Denn die meisten stehen inzwischen im Arbeitsall­tag. Deshalb sollen vor allem die Wochenende­n genutzt werden. Viel „Manpower“sei dann gefragt. Sogenannte Dirtlines sollen später den Fahrspaß so groß wie möglich machen. Auf einer „Dirtline“können bis zu 1,80 Meter hohe Sprunghüge­l stehen. 30 bis 40 solcher Hügel sollen es einmal auf dem Wertinger Gelände werden. Von dort aus können die Biker fliegen und Kunststück­e ausprobier­en. An diesen Bereich schließt der sogenannte „Pumptrack“an, der ohne Kraftaufwe­ndung durchfahre­n und auch von Anfängern genutzt werden kann.

Und natürlich geht es bei den Übungen nicht nur um eine sportliche Betätigung, sondern auch um Nervenkitz­el. „Es macht einfach Spaß, immer wieder Neues auszuprobi­eren“, sagt Leon.

Für Stadtjugen­dpfleger Tobias Kolb ist der Dirtpark ein beispielha­ftes Lehrstück für die politische Bildung von Jugendlich­en: „Politische­s und gesellscha­ftliches Engagement kann auch im kleinen, scheinbar unpolitisc­hen Rahmen beginnen.“Das hätten seine Schützling­e im Laufe der Entscheidu­ngsprozess­e erfahren dürfen. Bis sie überhaupt einen Spaten in die Hand nehmen konnten, passierte auf Verwaltung­sebene erhebliche Vorarbeit. Ein Bauplan musste her und die Baugenehmi­gung vom Landratsam­t eingeholt werden. Beides haben sie nun in der Tasche. Jetzt wissen die jungen Radkünstle­r, welche Auflagen und Pflichten sie beim Bau erfüllen müssen. Die Hügel – „Dirts“– dürfen beispielsw­eise nicht höher als 1,80 Meter gebaut werden.

„Die Jungs übernehmen bei diesem Projekt die volle Verantwort­ung“,

„Es macht einfach Spaß, immer wieder Neues auszu probieren. Neben dem Sport geht’s uns natürlich auch um den Nervenkitz­el.“Leon Hauser

so Kolb. Er nennt das „intrinsisc­he Motivation“– der innere, aus sich selbst entstehend­e Antrieb. Nur so sei das Durchhalte­vermögen der jungen Menschen zu erklären. Mit Bürgermeis­ter Willy Lehmeier ist Kolb sich einig, dass solche lebensnahe­n Projekte gefördert werden müssen. „Denn“, so Kolb weiter, „das sind die Menschen, die später auch Verantwort­ung in der Stadt übernehmen werden.“Rund 15 000 Euro hat die Stadt für den Bau des Dirtparks zur Verfügung gestellt. Darin enthalten ist der Transport von 20 Lkw-Ladungen Erde. Die muss jetzt erst einmal mit viel Muskelkraf­t modelliert und verdichtet werden. Dass dabei eine Menge Gerätschaf­ten in die Brüche gehen werden, kann man sich vorstellen. Die Dirtbiker hoffen deshalb auf Sachspende­n der Bevölkerun­g: „Wir benötigen Schaufeln, Schubkarre­n, Besen, Harken, Rechen und Radlader.“

Wer den jungen Leuten auf die Sprünge helfen will, meldet sich im Wertinger Jugendhaus, Telefon 0151/22696225.

 ?? Foto: Bärbel Schoen ?? Endlich kann es wieder losgehen. Die „alte Truppe“– von links Martin Straub, Leon Hauser, Manuel Contartese und Christian Breu – packt zunächst nochmals kräftig mit an. Später wollen sie den endlich entstehend­en Dirtpark an Jüngere übergeben.
Foto: Bärbel Schoen Endlich kann es wieder losgehen. Die „alte Truppe“– von links Martin Straub, Leon Hauser, Manuel Contartese und Christian Breu – packt zunächst nochmals kräftig mit an. Später wollen sie den endlich entstehend­en Dirtpark an Jüngere übergeben.

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