Wertinger Zeitung

Von wegen altmodisch: Die Bruderscha­ft boomt

In Affaltern gibt es eine besondere Gemeinscha­ft, für die sich immer mehr Menschen interessie­ren

- VON ELLI HÖCHSTÄTTE­R

Biberbach Affaltern Es sind die düsteren Zeiten im Leben. Wenn das Kind, die Mutter, der Vater oder man selbst schwer krank wird. Gerade dann seien viele Leute sehr dankbar, wenn sie wissen, dass für sie gebetet wird. Das berichtet Michael Koch. Er ist Sprecher der Albanusbru­derschaft Affaltern.

Die Bruderscha­ft, die seit 1733 besteht, betet einmal im Monat für die verschiede­nen Anliegen der Menschen. Die Gemeinscha­ft ist ein fester Teil der Dorfgemein­schaft. Es ist auch ein fester Termin im Kirchenjah­r, dass im Juni das Albanusfes­t gefeiert wird.

Am Sonntag ist es wieder so weit. Der Gottesdien­st in der Kirche St. Sebastian beginnt um 9 Uhr. Bei der Messe erteilt Ortspfarre­r Ulrich Lindl den Segen mit einer Reliquie des heiligen Albanus. Anschließe­nd trifft sich die Bruderscha­ft zur jährlichen Versammlun­g.

In einer Zeit, in der immer mehr Menschen aus der Kirche austreten, hat die Bruderscha­ft keinerlei Nachwuchsp­robleme. Ganz im Gegenteil. Waren es 2011 noch 241 Mitglieder, sind es mittlerwei­le 301, die nicht nur aus dem Ort, sondern auch aus Kaufbeuren, Ingolstadt oder Neusäß kommen. Fast jeder, der will, kann der Bruderscha­ft beitreten. Einzige Voraussetz­ung: Er muss ein getaufter Christ sein und jährlich mindestens einen Euro zahlen.

Bei Koch hat sich beispielsw­eise vor zwei Wochen eine Familie samt Baby gemeldet, die in die Bruderscha­ft aufgenomme­n werden wollte. Das kleine Mädchen ist jetzt die jüngste Albanussch­wester.

Koch sagt: „Wir drängen niemanden. Die Leute kommen auf uns zu.“Doch er hat einen Erklärungs­ansatz, warum die Bruderscha­ft so geschätzt wird: „Die Gesellscha­ft funktionie­rt heute nach den Prinzipien ,immer höher, größer, weiter‘. Doch was ist, wenn man krank wird, wenn es in Richtung Tod geht?“Dann sei es für die Betroffene­n wichtig, dass man zusammenst­eht und sich nicht allein gelassen fühlt.

Die Bruderscha­ft, die sich im früheren nahen Kloster Salmannsho­fen gründete, wurde 1758 nach Affaltern übertragen. Der heilige Albanus wird in der Region besonders für kranke Kinder angerufen. Deshalb verpflicht­en sich die Mitglieder der Bruderscha­ft, für diese Mädchen und Buben zu beten. Ein Zweck der Bruderscha­ft ist es aber auch, eine glückselig­e Sterbestun­de zu erlangen.

In der Kirche in Affaltern gibt es ein spezielles Kästchen, in das Bittstelle­r einen Zettel mit ihrem Anliegen einwerfen können. Daneben findet sich auch ein Fürbittbuc­h, in das jeder reinschrei­ben kann.

Diese Anliegen werden bei der stillen Anbetung der Bruderscha­ft vorgetrage­n. Diese Gebetsstun­de findet jeden ersten Dienstag im Monat in der Kirche in Affaltern statt.

Die Frage, ob es Heilungen gab, will Koch so nicht beantworte­n. Er verrät nur, dass es bei jeder Versammlun­g den Tagesordnu­ngspunkt „Heilsberic­hte“gebe und sich da schon Leute gemeldet hätten.

Wer in die Bruderscha­ft aufgenomme­n wird, verpflicht­et sich nicht nur zum Gebet, sondern auch zu „Werken der Barmherzig­keit“. Dazu gehört beispielsw­eise, Almosen an Bedürftige zu geben, Kranke zu besuchen oder auch mit denjenigen zu reden, die vom „rechten Weg“abgekommen sind. Die Gemeinscha­ft ist auch außerhalb der Kirchenmau­ern aktiv. Sie engagiert sich im Dorfleben von Affaltern und unterstütz­te beispielsw­eise die Johanniter-Weihnachts­trucker, die Päckchen nach Albanien, Bosnien-Herzegowin­a oder nach Rumänien brachten. Es gibt aber auch gemeinsame Ausflüge oder andere Veranstalt­ungen. Doch nicht nur in Affaltern stößt die Bruderscha­ft auf Interesse. Auch in der Westendorf­er Pfarrei St. Georg wurde die Rosenkranz­bruderscha­ft belebt. Diese war 1667 gegründet worden. Damals gehörte ihr das halbe Dorf an. Während der Säkularisa­tion wurde die typische Kleidung verboten. Die Bruderscha­ftsstäbe blieben bis dagegen erhalten und werden heute noch bei Prozession­en von einigen Mitglieder­n mitgetrage­n.

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Foto: Michael Koch Die Fahne der Albanusbru­der schaft.

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