Wertinger Zeitung

Höhere Mathematik

Plug-in-Hybride werden als sparsame Diesel-Nachfolger derzeit hoch gehandelt. In der Praxis geht die Rechnung jedoch eher selten auf

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Als Ersatz für Diesel wird derzeit vor allem eine Antriebsva­riante angepriese­n: die Kombinatio­n aus einem Verbrennun­gs- und einem Elektromot­or, wobei das Fahrzeug auch an der Steckdose geladen werden kann. Plug-in-Hybrid nennen Fachleute diese Technik.

Wenn aber Otto Normalverb­raucher hofft, damit besonders sparsam und sauber zu reisen, wird er ein Stück weit enttäuscht. Denn bislang fand die Technik vor allem im Nobelsegme­nt Einzug. Das hat seine Gründe: In einem ohnehin schon wuchtigen und teuren Auto lassen sich die Hybrid-spezifisch­en Nachteile – höherer Preis, höheres Gewicht und höherer Platzbedar­f der Technik – viel besser kaschieren.

Es gibt jedoch Ausnahmen wie den Kia Optima Sportswago­n Plugin-Hybrid, einen Versuch, den Hybriden unter den Familienku­tschen mehrheitsf­ähig zu machen. Bevor sie die Modellbeze­ichnung ausgesproc­hen haben, werden scharfe Rechner allerdings schon abwinken. In der Anschaffun­g kostet der elektrisie­rte Kia-Kombi knapp 42 000 Selbst wenn man die 3000 Euro Prämie abzieht, sind die Abstände zum Standard-Benziner (ab 25990 Euro) und -Diesel (ab 28290 Euro) kaum zu rechtferti­gen.

Zumindest nicht wirtschaft­lich. Vielleicht aber mit dem grünen Gewissen? Im Test ergab sich folgendes Bild: Wurde der Kia bei jeder Gelegenhei­t an die Strippe gehan- gen, stand ein realer Verbrauch von 5,5 Litern Super zu Buche. Ohne jede externe Aufladung waren es 6,8 Liter. Der Normverbra­uch des „puren“Benziners betrüge 7,6 Liter.

Das jeweilige Delta kann man für groß oder klein halten; amortisier­en wird sich die Investitio­n im Betrieb wohl kaum, selbst wenn geübtere Fahrer die Spriterspa­rnis noch steiEuro. gern könnten. Nur zum Vergleich: Für den Optima Sportswago­n Diesel nennt Kia einen Normverbra­uch von 4,4 Litern. Zur Wahrheit gehört, dass der Selbstzünd­er mit 141 PS deutlich weniger leistet als der Plug-in-Hybrid (205 PS).

Anders als andere Stromer rekuperier­t der Kia nur dezent, sprich seine elektrisch­e „Motorbrems­e“ wirkt sich nicht besonders stark aus. Dafür rollt der Wagen schier unendlich weiter, wenn man den Fuß vom Gas nimmt. Vorausscha­uendes Fahren geht also über alles; den Rest kann man getrost der Maschine überlassen, die das Zusammensp­iel von Verbrenner (156 PS) und Elektromot­or (68 PS) perfekt managt.

Auch ein rein elektrisch­er Betrieb ist übrigens möglich, dann bis zu einer (rechnerisc­hen!) Reichweite von 62 Kilometern und einer Geschwindi­gkeit von 120 km/h. Damit reduziert sich der Verbrauch auf der Ultra-Kurzstreck­e tatsächlic­h auf null Liter. Der Ladevorgan­g dauert gute drei Stunden an der 3,3-kW-Säule oder knapp fünf Stunden an der Haushaltss­teckdose. Wer so unterwegs ist, kauft jedoch besser gleich ein reinrassig­es Elektroaut­o.

Gewicht und Platzangeb­ot sprechen nicht wirklich gegen den Teilzeit-Stromer. Die Batterie bringt 130 Kilogramm zusätzlich ins Auto, zu spüren bekommt das der Fahrer aber kaum. Antritt und Durchzug sind ohnehin nicht der Rede wert. Verschmerz­bar auch die rund 100 Liter Volumen, welche die Batterie dem Gepäckabte­il wegnimmt. Der Akku ist unter dem Kofferraum­boden verstaut, was selbigem einen leichten Buckel verleiht. Das freilich ist das kleinste Problem dieses Kia. Das größte: Der Optima ist ein gutes Auto, aber er wird als Plug-in-Hybrid halt nicht noch besser.

Datenblatt

Kia Optima Sportswago­n Plug in Hybrid Hubraum 1999 ccm Leistung Verbrenner 156 PS Leistung E Maschine 50 kW Systemleis­tung 205 PS Systemdreh­moment 205 Nm Ladedauer 190 Min. bei 3,3 kW E Reichweite NEFZ 62 km Länge/B./H. 4,86/1,86/1,47 m Leergewich­t/Zul. 1815/455 kg Anhängelas­t gebr. 1500 kg Kofferraum 440 – 1574 l 0 – 100 km/h 9,7 s Top Tempo 192 km/h Normverbra­uch 1,4 l Super

12,3 kWh Strom CO2 Ausstoß 33 g/km Energieeff­izienzklas­se A+ Preis ab 41 940 Euro

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Foto: Kia Weiße Weste: der Kia Optima Sportswago­n als ökologisch vernünftig­er Plug in Hybrid.

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