Stiller Star
Der VW Tiguan ist nicht das spektakulärste Auto seines Segments – und doch ein Bestseller
Am Ende wollen alle doch nur das eine: ein Auto, mit dem du nichts falsch machst. Ein Auto wie den VW Golf, der im Zweifel lieber die Substanz schätzt als die Show und das Attribut „langweilig“als Kompliment aufzufassen weiß.
Mit dem Tiguan baut wiederum Volkswagen so etwas wie den Golf unter den Kompakt-SUVs: keine Extravaganz, keine Experimente, aber ein Bestseller seines Segments. Nach dem Modellwechsel entschieden sich allein im vergangenen Jahr 750 000 Käufer für den Wagen. Geholfen hat sicherlich, dass die aktuelle Generation des Tiguan nicht mehr so brav aussieht wie sein Vorgänger, sondern die inzwischen markentypischen Ecken und Kanten trägt. Besonders scharf gezeichnet ist der Kühlergrill mit den flachen Schweinwerfern. Das verschafft optische Präsenz, und das ist es, was SUV-Fahrer wünschen.
Längenmäßig liegt der Tiguan mit knapp viereinhalb Metern ziemlich genau zwischen Golf und Passat. Mit seiner stattlichen Breite von 1,84 Metern kann es in Parkbuchten schon einmal eng werden. Da wird die Rundum-Kamera zum unverzichtbaren Helfer. Einerseits würde man sich in der Stadt mehr Handlichkeit wünschen, andererseits kommen die üppigen Ausmaße den Passagieren im Interieur zugute.
Das Platzangebot auf den Rücksitzen ist geradezu fürstlich, insbesondere dann, wenn man die Rückbank nach hinten geschoben hat – bis zu 18 Zentimeter Spielraum sind drin. Zahlreiche Ablagemöglichkeiten, davon gleich zwei im Dachhimmel des Wagens, nehmen jeden Reise-Krimskrams auf.
Ihn auf den reinen Praktiker zu reduzieren, würde dem Tiguan nicht gerecht. Dazu ist der VWSUV ketzerisch gesagt einfach zu nobel – und er fährt sich zu sportlich, jedenfalls mit dem 180 PS starken Zweiliter-Benziner, der unseren Testwagen bewegt hat. In Kombination mit dem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe entwickelt der Wagen eine beachtliche Dynamik. Die Abstimmung ist straff genug. Erst die zunehmenden Windgeräusche jenseits der 160 km/h erinnern den Fahrer daran, dass er in einem hoch bauenden SUV sitzt.
Während es durchaus Sinn machen kann, den Fahrmodus einzustellen – etwa von „Komfort“auf „Sport“–, wirkt der Drehschalter in der Mittelkonsole eher überflüssig. Dort lassen sich verschiedene Untergründe von schneebedeckt bis felsig anwählen. Der Tiguan würde das auch ohne die elektronische Spielerei schaffen, besonders dann, wenn der Allradantrieb an Bord ist.
Das alles macht das Paket natürlich nicht billiger. 38475 Euro wären für den Testwagen der höchsten Ausstattungsstufe „Highline“mindestens fällig gewesen. Auch in dieser Hinsicht ist der Tiguan Premium. Tobias Schaumann