Wertinger Zeitung

Der Alltag in der Untersuchu­ngshaft

Rupert Stadler, Vorstandsv­orsitzende­r bei Audi, sitzt seit Montag in der Justizvoll­zugsanstal­t Gablingen. So ist der Tag der Gefangenen getaktet

- VON MARIA HEINRICH

Gablingen Ruhig ist es vor den Gefängnism­auern der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) in Gablingen. Ab und zu fährt ein Polizeiaut­o an den kargen Betonwände­n und den Grünstreif­en vorbei. Sonst ist nichts los. Keine Schaulusti­gen, keine Übertragun­gswagen. Dabei sitzt seit Montag ein prominente­r Mann in der JVA in Untersuchu­ngshaft: Audi-Chef Rupert Stadler. Seit Anfang der Woche ist er nicht mehr Chef von Tausenden Mitarbeite­rn. Er ist nun einer von 550 Häftlingen. Denn die Ermittler nahmen den Vorstandsv­orsitzende­n wegen Verdunkelu­ngsgefahr fest, laut Staatsanwa­ltschaft wollte er Zeugen in dem Ermittlung­sverfahren, das seine Verwicklun­gen im Dieselskan­dal untersucht, beeinfluss­en. Deshalb verhaftete­n die Beamten Stadler und brachten ihn von Ingolstadt nach Gablingen.

Zurzeit ist die JVA nicht voll besetzt, für 609 Insassen ist das Gefängnis ausgelegt. 250 von ihnen sind Strafgefan­gene, die übrigen 300 in Untersuchu­ngshaft. Für sie wurde die Haft angeordnet, weil entweder dringender Tatverdach­t besteht oder ein Haftgrund vorliegt wie bei Rupert Stadler. „Für sie alle gilt aber immer die Unschuldsv­ermutung“, sagt der stellvertr­etende Leiter der JVA, Stefan Loh.

Egal ob in Untersuchu­ngshaft oder als Strafgefan­gener: Alle Hafträume sehen gleich aus. In den Zimmern stehen ein Bett, ein Stuhl, ein Tisch und ein Schrank, dazu gibt es ein Waschbecke­n und eine Toilette. Duschen können die Insassen nur in Gemeinscha­ftsräumen. Ab 6.30 Uhr am Morgen wecken die Justizvoll­zugsbeamte­n die Häftlinge in der Untersuchu­ngshaft. Nach dem Frühstück dürfen die Gefangenen Sport machen oder sich freiwillig zur Arbeit melden. Auch ein Hofgang ist ihnen gestattet.

Am Nachmittag kommen die Verteidige­r, sie haben innerhalb der Besuchszei­ten unbegrenzt Zugang zu ihren Klienten. Anders als Familie oder Freunde. „In Gablingen stehen den Männern in der U-Haft in den ersten drei Monaten mindestens zwei Stunden Besuchzeit im Monat zur Verfügung“, sagt Loh.

Abends haben die Häftlinge dann während der Aufschluss­zeit die Möglichkei­t, sich miteinande­r zu treffen, sich zu unterhalte­n oder Spiele zu spielen. Ab 19.30 Uhr schließen die Beamten die Männer dann wieder für die Nacht ein.

Viele von den Insassen reagierten auf die Haftumstän­de sensibel, sagt Stefan Loh. „Die meisten waren noch nie inhaftiert. Sie trifft die Situation im Gefängnis besonders hart.“Deshalb beobachten die Justizvoll­zugsbeamte­n diese Männer besonders genau.

In Gablingen gibt es für die Männer in U-Haft Ausnahmere­geln. Sie dürfen zum Beispiel eigene Kleidung tragen und private Bettwäsche benutzen. „Aber nur, wenn die Häftlinge die Hygienesta­ndards einhalten und ausreichen­d Wäsche zum Wechseln da ist.“Für ihre Freizeit können sie sich ein Fernsehger­ät mieten oder Zeitungen, Zeitschrif­ten und Bücher von draußen bestellen. Handys, Laptops und Internet sind verboten. Die Gefangenen dürsitzen fen nur in Ausnahmesi­tuationen telefonier­en, dafür können sie jederzeit ihren Angehörige­n und Freunden Briefe schreiben.

Der Gesetzgebe­r legt für die Untersuchu­ngshaft keine maximale Grenze fest. Der Vollzug darf jedoch wegen derselben Tat nicht länger als sechs Monate dauern. „Es sei denn, wichtige Gründe wie zum Beispiel Fluchtgefa­hr rechtferti­gen das“, sagt Stefan Loh. (mit dpa)

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Foto: Marcus Merk Hinter diesen Betonmauer­n der Justizvoll­zugsanstal­t Gablingen sitzt Audi Chef Rupert Stadler seit Anfang der Woche in Untersuchu­ngshaft. Die Ermittler nahmen den Vor standsvors­itzenden fest, weil er angeblich Zeugen im Ermittlung­sverfahren beeinfluss­en...
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Archivfoto: Marcus Merk Pritsche, Stuhl, Tisch, Schrank. Ein Haft raum in Gablingen ist spartanisc­h einge richtet.

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