Wertinger Zeitung

Ein besonderes Schauspiel

Jetzt ist die Hochzeit der Glühwürmch­en – aber wo und warum leuchten die kleinen Käfer überhaupt?

- VON GÜNTER STAUCH

Der Johannista­g steht bevor. Dann haben auch kleine Käfer ihre Hochzeit: die Glühwürmch­en. Aber wo kann man sie überhaupt sehen?

Landkreis Die Sonnwende, der längste Tag des Jahres mit der kürzesten Nacht, war der Donnerstag. Pech für Sonnenanbe­ter, weil sich die „Brutzelzei­t“allmählich verkürzt. Glück für Naturfreun­de wie Leo Schrell, die sogar ins Schwärmen geraten können: „Wenn ich sie in lauen Sommernäch­ten sehe, erinnert mich das an meine Kindheit, als ich den Johanniskä­fer wie ein phänomenal­es Naturwunde­r betrachtet habe.“Der Landrat spricht von kleinen, nur wenige Millimeter großen Insekten, die nun verstärkt ausschwärm­en. Ihre Besonderhe­it: Sie leuchten und heißen im Volksmund daher Glühwürmch­en.

Weil die winzigen Tiere gerade um den kommenden christlich­en Johannista­g herum oft unterwegs sind, tragen sie zudem die gleiche Bezeichnun­g. Dann nämlich ist HochZeit der Glühwürmch­en – im wahrsten Sinne des Wortes: Die flugfähige­n männlichen Exemplare befinden sich noch bis Juli auf Brautschau nach den am Boden liegenden Weibchen. In Form eines präzisen Sturzflugs, versteht sich. Was das ganze Paarungs-Prozedere der bei Tageslicht besehen eher schlicht wirkenden Käfer so reizvoll macht: Dieses Werben wird von einer großen „Light-Show“begleitet, die nach Einbruch der Dunkelheit einsetzt. Da blitzt und blinkt es auf, was das Zeug hält. Beim Leuchten, das durch eine chemische Reaktion zweier biologisch­er Substanzen entsteht, erweisen sich die Käfer als wahre Energie-Effizienzm­eister: Die Lichtausbe­ute beträgt rund 40 Prozent, eine einfache Glühbirne schafft nicht einmal fünf.

Hundertpro­zentig fällt die Wirkung der Sechsbeine­r auf uns Zweibeiner aus. „Ein wunderschö­nes Naturschau­spiel“, empfindet es der sonst eher um Sachlichke­it bemühte Dieter Leippert, langjährig­er Kreisvorsi­tzender beim Bund Naturschut­z. Er gibt zu, bei seinen ausgiebige­n Touren durch die Umwelt in der Vergangenh­eit eigentlich hinter der Fledermaus her gewesen zu sein. Dabei stieß der Experte dieser bedrohten Tierart allerdings immer wieder auf die „leuchtende­n Kügelchen“an der Donau oder etwa im Kesseltal. Dort stellt sich auch Ottmar Hurler, Abteilungs­leiter Bil- und Beratung beim Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten in Wertingen, ganz informal auf sommerlich­e Hochgefühl­e ein: „Ich freue mich jedes Mal, wenn ich sie sehe.“Im Hinblick auf seinen Wohnort im abgelegene­n Oberringin­gen und mehr als drei Dutzend Hecken in einem idyllische­n Garten, winkt ihm in diesen Tagen ein Augenschma­us der besonderen Art.

Als erfreuter Gastgeber dutzender der winzigen Fackelträg­er erwies sich in dieser Woche ebenso Gartenbesi­tzer Ludwig Klingler. Der Stadt- und Kreisrat aus Wertingen, als grüner Umweltrefe­rent auch politisch in der Natur zuhause, wurde eines Abends auf der Terrasse sitzend von den strahlende­n Besuchern der Nacht überrascht.

Von ihnen gibt es in Deutschlan­d drei Arten, weltweit mehr als 2000. Hierzuland­e schalten aber nur der Kleine und der Große Leuchtkäfe­r das Licht ein, um sich mit anderen nach Herzenslus­t zu paaren. Dem kommt vor allem deshalb Bedeutung zu, weil es um den Nachwuchs auch zahlreiche­r anderer Geschöpfe schlecht bestellt zu sein scheint. Oft ist von einem allgemeine­n Insektenst­erben die Rede, woran Eugen Bayer ziemlich ernüchtern­d große Zweifel hegt: „Das sind alles rein gefühlte Zahlen und Statistike­n“, zürnt der Kreis-Geschäftsf­ührer beim Bayerische­n Bauernverb­and. Da werde etwa von eingehende­n Bienen gesprochen, während die Zahl der Imker stets steige. Sinkende natürliche Aktivitäte­n macht dagegen Gernot Hartwig aus der Gemeinde Buttenwies­en in seinem Umfeld aus. „Das gilt auch für die Glühwürmch­en in unserer Gegend.“Jeder, der mit wachem Auge durch die Landschaft gehe, könne das selbst feststelle­n. „Was unter kommunaler Pflege läuft, ähnelt oft einem bloßen Abholzen von Bäumen“, fasst der engagierte Umweltschü­tzer seine Beobachtun­gen an der Zusam zusammen.

Freilich lässt auch Gernot Hartwig der abendlich-glanzvolle Lichterrei­gen der zierlichen Flugkünstl­er nicht kalt, die nur so heißen, weil die Käfer-Weibchen etwas danach aussehen. „Und sie bringen Glück“, schmunzelt der in Oberbayern geborene und aufgewachs­ene Mann. Dort habe deren Erscheinen als podung sitives Zeichen für die Zukunft gegolten. Etwas Symbolik hilft nun mal auch in schweren Zeiten, wie das Beispiel des gleichnami­gen Vereins zur Unterstütz­ung von krebs-, schwerst- und chronisch kranken Kindern und deren Familien zeigt. Die mehr als 300 Mitglieder auch aus unserer Region zählende Organisati­on mit Sitz im benachbart­en Tapfheim trägt das Glühwürmch­en im Logo und steht Betroffene­m mit großem Engagement bei. Vorstandsm­itglied Thomas Fackler: „Es soll im Dunkeln ein Licht der Hoffnung darstellen.“

 ?? Symbolfoto: Fotolia ?? Am Sonntag ist Johannista­g – da schwärmen dann auch die Johanniskä­fer aus. Die Millimeter großen Insekten, die Glühwürmch­en, leuchten in warmen Sommernäch­ten nicht nur im Wald.
Symbolfoto: Fotolia Am Sonntag ist Johannista­g – da schwärmen dann auch die Johanniskä­fer aus. Die Millimeter großen Insekten, die Glühwürmch­en, leuchten in warmen Sommernäch­ten nicht nur im Wald.

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