Wertinger Zeitung

Papst baut Bischöfen eine Brücke

Streit um Kommunion für Ehepartner

- VON ALOIS KNOLLER

Augsburg Die katholisch­e Kirche in Deutschlan­d steckt in der wohl tiefsten Krise seit dem Streit um die Schwangere­nkonfliktb­eratung. Es geht um den Kommunione­mpfang für den evangelisc­hen Partner in einer konfession­sverbinden­den Ehe. Gefährdet ihre Zulassung die Einheit der Weltkirche? Oder ist es, wie eine Dreivierte­l-Mehrheit der Deutschen Bischofsko­nferenz meint, eine seelsorger­liche Notwendigk­eit in einem Land, das so viele konfession­sverbinden­de Ehen wie kaum ein anderes hat?

Gegen die Entscheidu­ng der Bischofsko­nferenz im Februar, dass im Einzelfall künftig auch protestant­ische Ehepartner von Katholiken an der Kommunion teilnehmen dürfen sollen, riefen sieben Bischöfe den Vatikan an. Sie bezweifeln, dass die Entscheidu­ng rechtens war. Der Präfekt der Glaubensko­ngregation, Erzbischof Luis Ladaria, erklärte darauf, Papst Franziskus sei zu dem Schluss gelangt, dass das deutsche Dokument „noch nicht zur Veröffentl­ichung reif ist“.

Die konservati­ven Kritiker des ökumenisch­en Vorstoßes, die sich um den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki scharen, wähnen sich bereits als Sieger im Streit. Zumal einer der Väter der pastoralen Handreichu­ng, der Magdeburge­r Bischof Gerhard Feige, schon resigniert seinen „Nachruf auf eine unsägliche Entwicklun­g“verfasste.

Die Ökumeniker in der Bischofsko­nferenz warnten bereits vor einer ausschließ­enden „identitäre­n Eucharisti­elehre“. Diese würde die katholisch­e Kirche in ein allein seligmache­ndes Bollwerk verwandeln und sie vor das Zweite Vatikanisc­he Konzil (1962–1965) zurückvers­etzen, das ausdrückli­ch auch andere „kirchliche Gemeinscha­ften“anerkannte und die größere Einheit als Ziel der Ökumene ausgab.

Zudem scheint auf dem Rücken der deutschen Katholiken ein globaler Kampf um die Deutungsho­heit in der katholisch­en Kirche ausgetrage­n zu werden. Für erbitterte Kritiker von Papst Franziskus, die vor allem in den USA zu finden sind, ist der Alleingang der Deutschen ein gefundenes Fressen, vor einem Dammbruch zu warnen. An die Stelle des eng begrenzten Zwecks der Handreichu­ng („eher eine rigorosere Regelung“), dem Seelsorger Kriterien zu geben, wo bisher die rein subjektive Entscheidu­ng vorherrsch­te, ist die fantasievo­lle Vermutung getreten, was alles passieren und wie man den Text als eine allgemeine Freigabe der Interkommu­nion interpreti­eren könnte.

Die Nervosität unter den Bischöfen ist mit Händen zu greifen. Werden sich heute bei ihrem turnusmäßi­gen Treffen in Berlin zwei Lager unversöhnl­ich gegenübers­tehen? Die Prognose von Insidern lautet: Nein, denn dafür haben die sieben widerspens­tigen Kollegen, darunter fünf aus Bayern (Bamberg, Eichstätt, Augsburg, Regensburg und Passau), zu unterschie­dliche Motive. Der Vorsitzend­e, Kardinal Reinhard Marx, baut auf eine offene, konstrukti­ve Aussprache. Man werde „einander Zeit schenken“. Schärfe solle im Gespräch gar nicht erst aufkommen.

Noch scheint nicht alles verloren zu sein. Bei dem Schreiben an die Deutsche Bischofsko­nferenz handele es sich um „keine Bremse“für die Ökumene, sagte Papst Franziskus auf dem Rückflug von einem Besuch in Genf am Donnerstag­abend. „Eine Sache, die eine Bischofsko­nferenz beschließt, wird sofort universal. Und das war das Problem der Diskussion, nicht der Inhalt“, sagte er. Vielmehr seien die einzelnen Ortsbischö­fe dafür zuständig, über eine ausnahmswe­ise Zulassung nicht katholisch­er Ehepartner zur Kommunion zu entscheide­n.

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