Eine fulminante Ouvertüre
Kåre Nordstoga eröffnet den schwabenweit einzigartigen Dillinger Orgelsommer in der Klosterkirche. Warum sich die Besucherzahl deutlich gesteigert hat
Dillingen Endlich war es wieder so weit für die zahlreichen Orgelfans aus Dillingen und dem gesamten Umland: Der Orgelsommer hat am Samstag in der Klosterkirche der Dillinger Franziskanerinnen begonnen, nachdem die Basilika wegen Baumaßnahmen weiterhin geschlossen ist.
Groß war der Andrang, als der neue Vorsitzende des Fördervereins Dillinger Basilikakonzerte, Paul Olbrich, die gespannten Besucher in der voll besetzten Klosterkirche begrüßen konnte. Sein besonderer Dank galt insbesondere dem künstlerischen Leiter, Basilikaorganist Axel Flierl, sowie dem gesamten Vorstand, der dieses schwabenweit einzigartige Orgelfestival organisiert hat. Die Konzerte finden jeweils am Samstag von 11.15 bis 12 Uhr bei freiem Eintritt statt, was nur dank großzügiger Spenden möglich ist. Für die weit über den Landkreis hinausreichende verstärkte PR-Initiative, die zu einer deutlichen Steigerung der Besucherzahl führte, dankte Olbrich allen Mitstreitern.
Der erste Gastorganist, Kåre Nordstoga vom Dom zu Oslo, präsentierte ein besonders farbiges Programm, welches das klangliche Po- der Sandtner-Orgel in geradezu idealer Weise abbildete. Nach einer spannungsgeladenen Deutung der höchst kunstvoll kontrapunktisch durchgearbeiteten „Fantasia cromatica“des niederländischen Meisters Jan Pieterzoon Sweelinck gelang ihm eine mustergültige Interpretation der Sonate Nr. 5 C-Dur BWV 529 von Johann Sebastian Bach. Als einziger Künstler des diesjährigen Zyklus hatte Nordstoga, ein profunder Kenner der Orgelwerke Bachs, die er mehrfach komplett aufgeführt hat, eine der sechs Bach’schen Triosonaten im Programm. Sie stellen einen Gipfelpunkt nicht nur innerhalb Bachs Orgelwerk, sondern der gesamten Orgelliteratur dar und zählen zum „Schönsten“(so der Bach-Biograf Johann Nikolaus Forkel) sowie zutenzial gleich zum Schwierigsten, was je für dieses Instrument geschrieben wurde. Farblich differenzierte Registrierungen ermöglichten die transparente Durchhörbarkeit aller kontrapunktisch geführten Stimmen, die sich im kongenialen Klangraum der hochbarocken Klosterkirche entfalteten. Das norwegische Volkslied „Rosa“(„Die Rose“) erklang in einer eigenen Bearbeitung des Künstlers. Ursprünglich der traditionellen norwegischen Fiedel zugedacht, war das modal-lydisch geprägte Lied in einem neuartigen, orgelgerechten Klanggewand als anrührender Gruß aus Skandinavien zu hören.
Felix Mendelssohn-Bartholdys Sonate c-Moll op. 65/2 bildete den schwungvollen Abschluss der Matinee. Sowohl im elegisch-kantablen langsamen Satz, der – mit der SoloOboe registriert – zu einem veritablen „Lied ohne Worte“geriet, als auch im pathetischen Energico des zweiten Satzes (Allegro maestoso e vivace) und der attacca folgenden Schlussfuge zeigte sich Nordstoga als musikantischer Spieler, dessen temperamentvolles Spiel zwischen sensiblem Nachspüren und kraftvollem Zugriff geschmackvoll wechselte. Nach seinem Debüt in der Basilika 2011 wurde Kåre Nordstoga auch heuer mit lang anhaltendem Beifall des begeisterten Publikums verabschiedet.
Die zweite Matinee kommenden Samstag, 30. Juni, spielt der Ingolstädter Münsterorganist Franz Hauk unter dem Motto „Der Kuckuck und die Nachtigall“mit Werken von Muffat, Pachelbel, Bach und Mozart. (pm)