Wertinger Zeitung

Eine Galerie im alten Bauernhaus

Mit dem Künstlerha­us Emersacker haben sich Angelika Kienberger und Michael Daum einen Traum erfüllt: Die beiden freischaff­enden Künstler leben und arbeiten hier unter einem Dach. Die Idee fanden anfangs viele verrückt

- VON MANUELA BAUER

Emersacker Ein Künstlereh­epaar und ein altes Bauernhaus – passt das zusammen? Ja, sehr gut sogar. Das beweisen Angelika Kienberger und Michael Daum. Sie haben in jahrelange­r Kleinarbei­t das Künstlerha­us Emersacker geschaffen. Und sind mittlerwei­le im Holzwinkel angekommen. Auch wenn der Weg dorthin recht zufällig und auch nicht immer einfach war, wie sie erzählen.

Das Künstlerpa­ar – er Maler und Grafiker, sie Bildhaueri­n – lebte in München und wollte aufs Land. „München war damals schon unleistbar“, sagt Angelika Kienberger. „Wir brauchen ja Platz. Und ich mache Krach, das geht in einer Mietwohnun­g nicht.“Es ist aber „schöner Krach“, wirft ihr Mann ein. „Ich liebe das Geräusch, wenn sie aus Holz was klopft.“

Es sollte also was Eigenes sein, ein Haus. Dass die beiden letztendli­ch in Emersacker gelandet sind, war reiner Zufall. „Wir haben die Immobilien­anzeige in einem Dachauer Blättle entdeckt“, erinnert sich Daum. 1991 erfüllte sich das Paar seinen Traum, kaufte den alten Bauernhof und begann, ihn zum Künstlerha­us umzugestal­ten. Es ist das zweitältes­te Wohnhaus von Emersacker und wurde um 1790 gebaut. Der heutige Eingangsbe­reich war früher der Kuhstall. Mehr als zwei Tiere hatten dort aber nicht Platz. Nebenan, in der ehemaligen Scheune, hat das Ehepaar seinen Ausstellun­gsraum eingericht­et. Seit 1994 zeigen die Künstler in ihrer Galerie auf 150 Quadratmet­ern über drei Etagen eine wechselnde Ausstellun­g ihrer Arbeiten. Besucher können fast immer vorbeischa­uen, sie müssen sich nur vorher anmelden. In den Neunzigerj­ahren waren die Neubürger mit festen Öffnungsze­iten die ganze Woche über gestartet. Das hat sich aber nicht gelohnt. „Es war schon idealistis­ch“, gibt Daum zu. Andere hätten sie damals sowieso für verrückt erklärt: Mitten in einem Dorf eine Galerie eröffnen, wer macht denn so was? „Das ist wie ein Schwimmbad in der Wüste“, habe er damals gehört, erzählt Daum.

Das Künstlerpa­ar aber ist von seiner Galerie begeistert. „Das ist so luftig hier und regt die Fantasie an“, sagt Angelika Kienberger und blickt hinauf bis in den Dachstuhl. Die Künstler sind mit ihren Werken in ganz Süddeutsch­land unterwegs – aber eine Ausstellun­g in den eigenen Räumen zu gestalten sei etwas ganz anderes, sagt Kienberger: „Hier kennen wir jeden Winkel, können mit den Lichtverhä­ltnissen spielen.“

Alle zwei Jahre findet eine Sonderauss­tellung mit Gastkünstl­ern statt, so wie kürzlich im Rahmen des Kultoursom­mers. Diese Veranstalt­ungsreihe, die seit 2010 alle zwei Jahre im Holzwinkel stattfinde­t, hat den Münchnern auch geholfen, so richtig hier anzukommen. Noch bis Oktober gibt es heuer insgesamt 40 Konzerte, Ausstellun­gen, Feste und Aktionen. Die beiden sind in der Organisati­on aktiv, haben dadurch andere Künstler und Kulturinte­ressierte aus der Region kennengele­rnt. Denn die gebe es, betonen sie. Man muss sich nur finden und vernetzen.

Das Künstlerha­us ist zu einem Treffpunkt geworden. Vor 25 Jahren daran nicht zu denken. „Es sah hier schlimm aus“, sagt Daum: ein nackter Boden, unverputzt­e Wände, Spinnweben überall. Über mehrere Jahre haben er und seine Frau das Haus saniert – und zwar selbst. Sie haben neue alte Türen und Fenster eingebaut, ein Fachwerk eingezogen, einen Ofen gemauert. Überraschu­ngen gab es in dem alten Haus immer wieder. „Es ist ganz gut, dass man anfangs nicht weiß, was da auf einen zukommt“, sagt Daum. Gerade Wände und rechte Winkel gibt es hier kaum. Besonders schwierig war es, das Haus winddicht zu kriegen. Kein Wunder: „Früher hieß der Hohlweg hier ,Am Kalteck‘ “, erzählt Daum. Heute ist es schlicht die Sportplatz­straße.

Das alte Haus erzählt viele Geschichte­n – und immer wieder stößt Michael Daum auf neue. Unter den uralten Bodenbrett­ern hat er schon Haus schuhe, Wahl bena chr ichtigungs scheine un deinen Wehrmachts­dolch gefunden–die Sachen gehörten wohl den Vertrieben­en, die in den Fünfzigerj­ahren dort lebten. Nun wohnen und arbeiten die beiden freischaff­enden Künstler hier. Michael Daum hat seine Arbeitsräu­me unterm Dach. Malerei, Grafik und Produktfot­ografie sind seine Schwerpunk­te. Angelika Kienberger hat im Erdgeschos­s viel Platz für ihre figürliche­n Bildhauere­iarbeiten und Plastiken. Erst kürzlich hat sie die „Bawar lance“fertiggest­ellt – mit der 120 Kilogramm schweren Skulptur hat sie ihr geliebtes Künstlerha­us allerdings auf eine harte Probe gestellt: Sie sei so groß geraten, dass sie gerade noch so aus dem Haus zu bekommen war, erzählt Kienberger schmunzeln­d. Schließlic­h habe sie es aber doch noch in den Günzburger Skulpturen­park geschafft.

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Fotos: Marcus Merk Die alte Scheune ist heute ihre Galerie: Angelika Kienberger und Michael Daum leben und arbeiten im Künstlerha­us Emersacker.
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Die Arbeitsräu­me von Michael Daum befinden sich unterm Dach. Dort baut er übri gens auch Gitarren.

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