Die roten Rennradflitzer aus Lauingen
Das Team Laura steht für Energie und Leidenschaft. Dabei kommt es den Radsportlern nicht nur auf Schnelligkeit an
Die Symbolik der Farbe Rot fällt überwältigend aus: Sie steht für Blut und ist mit Leben verknüpft, mit Energie, Wärme und Feuer. Mit Freude wie Leidenschaft, Liebe und Erotik. Aber auch Aggression, Zorn und Gefahr verbindet man mit Rot. Für was „Team Laura“steht? Die Färbung dominiert auf jeden Fall nicht nur die Internetseite der Rennsport-Mannschaft aus Lauingen, sondern auch deren Trikots. Team Laura, das sind 70 Mitglieder, darunter mindestens ein Dutzend weibliche Akteure, steht in erster Linie für den Erhalt der langen Radsport-Tradition der Donaustadt.
Apropos: Die ganze Region erhielt erst vor Kurzem für ihr buchstäblich ausgezeichnetes Radwege-Konzept den renommierten Preis „Goldenes Pedal“. Als hitverdächtig gilt auch der seit 2005 ausgetragene RadEvent „Donautal-Radelspaß“, der sich in Bayern zu einem gefragten Radl-Höhepunkt entwickelt hat und im September eine Neuauflage erfährt. Bei allem Respekt für die dabei teilnehmenden Freizeit-Biker: Der „Laura“-Vorsitzende Matthias Walter und seine schnellen Freunde zie- hen in einer ganz anderen Liga ihre Bahnen. Dafür sorgen schon Rennteamleiter Otto Huggenberger und eine starke Gruppe von ehrgeizigen wie fit daherkommenden Velokünstlern. Beim Anblick der Ergebnislisten im Internet mit purzelnden Rekorden und respektablen Platzierungen kann einem schon mal die Spucke wegbleiben. Im Telegrammstil werden die Teilnahme an schweren Rundstreckenrennen in Sonthofen, Konstanz oder Schwenningen vermeldet oder die Siege und KlassenErgebnisse der Aktiven.
Das Rot im Logo steht für Energie und Leidenschaft. Die Freude am kräftigen Durchtreten ist etwa dem 36-jährigen Matthias Walter und dessen Trainingskollege Wolfgang Kreuzmann ins Gesicht geschrieben. Doch keine Spur von der Skepsis des legendären Rudi Altig, der einmal gesagt haben soll, dass ein Rennfahrer seinen Hintern besser pflegen sollte als sein Gesicht. Dagegen steckt die neue Generation in einem todschicken Rennoutfit und schwingt sich mit aerodynamischem Helm nebst eleganten KlickpedalSchuhen auf. Damit gleiten die beiden Sportler mit einer unheimlichen Dynamik übers Straßenpflaster der Region zwischen Donau und Zusam. Mal schnell ins 30 Kilometer entfernte Wertingen umsetzen, um dort jemand zu treffen? Kein Problem. Dabei kommt der Teamchef seit diesem Jahr nicht einmal seiner üblichen „Betriebstemperatur“nahe. Schon sind sie wieder um die Ecke.
Was im vereinseigenen Veranstaltungsangebot mit so harmlosen Titeln wie „Tübinger Kirschblüte“, „Spargellandtour“, „Oberschwäbische Barockfahrt“oder „Zwischen Karpfenweihern und Fränkischer Schweiz“daherkommt, entpuppt sich in der Realität als Ochsenaufgabe mit Strecken von mehreren Hundert Kilometern. So etwas läuft dort unter „Breitensport“. Die Kollegen mit den Startnummern an Brust und Rücken vergnügen sich derweil mit Durchschnittstempo 40 im ganzen deutschsprachigen Raum. Getreu dem Motto des einstigen belgischen Profis Eddy Merckx, dem fünfmaligen Gewinner von Tour de France und Giro d’ Italia: „Ich gewinne, weil ich mich am besten quälen kann.“So sei aber, gibt der Verein zu verstehen, der eher fußballaffine Nachwuchs für den attraktiven Zeitvertreib hoch zu Sattel kaum zu gewinnen.
Auch käme die Jugend erst zu einem späteren Zeitpunkt auf den Geschmack. Dabei stellt Schnelligkeit bei dem immer beliebter werdenden Sport mit dem Rennrad, den in Deutschland rund fünf Millionen Männer und Frauen in ihrer Freizeit ausüben, keineswegs allein die wichtigste Herausforderung dar. Ausdauer, Kraft, Koordination und Beweglichkeit sind ebenso gefragt wie nützlich für die eigene persönliche Fitness.
Und: „Ich kriege beim Fahren den Kopf frei nach einem anstrengenden Arbeitstag“, gesteht Walter, ein gebürtiger Burgauer, der heute in Aislingen lebt und pro Jahr bis zu 12 000 Fahr-Kilometer herunterspult. Bei aller Begeisterung für die anspruchsvolle Arbeit auf dem filigranen wie kaum zehn Kilogramm leichten Rennvelo, das bei Walter den Puls immer wieder mal an den Anschlag bringen kann: Der 1,80-MeterMann will nicht zu sehr abheben und sich vielmehr liebevoll um Ehefrau und die beiden Kinder im Alter von vier und sieben Jahren kümmern. „Ein „Cycloholic“, wie sich einst Claudio Chiapucci, bester Bergfahrer seinerzeit, bezeichnete, möchte der Laura-Vorsitzende nicht sein.