Merkel konnte nicht, Putin will nicht
Angela Merkel wird nicht mehr nach Russland kommen. Jogi & Co. sind raus. Was soll sie noch auf der Tribüne?
Dabei war sie immer gerne bei ihren Jungs. Manchmal sogar in der Kabine. Stand im moosgrünen Blazer umringt von halb nackten Kerlen und hat Daumen und Zeigefinger aufeinandergepresst. Sie hat mit Schweini und Poldi Weltpolitik erörtert – dafür haben ihr die beiden verraten, an welchen Stellen sie auf der Tribüne klatschen muss.
Anschi war da nie empfindlich. Anders als ihre männlichen Kollegen wollte sie erst gar nicht den Eindruck erwecken, als wüsste sie, was Doppelsechs und hängende Spitze sind. Im Zweifelsfall klatschte sie einfach, wenn die anderen geklatscht haben. Ein wunderbares Maskottchen, dem kein Weg zu weit war, das Deutschland vor vier Jahren in Brasilien zum WMTitel verholfen hat.
Dringender als in Brasilien wäre Merkels Unterstützung allerdings in Russland gewesen. Es ist viel über die Gründe des deutschen WMDesasters diskutiert worden, über Erdogan-Fotos und fehlende Leidenschaft, aber kein Wort darüber, dass Deutschland auf die angeschlagene Merkel verzichten musste, weil sie zu Hause mit Seehofer und der CSU zu kämpfen hatte. Die sollten sich prüfen, wie groß ihr Anteil am deutschen VorrundenK.-o. ist.
Wahrscheinlich wird Seehofer sofort auf seinen Kumpel Wladimir verweisen. Putin hätte eine vergleichsweise kurze Anreise zu den Spielen der russischen Elf, lässt die Sbornaja aber alleine kicken – und das auch noch erfolgreich. Dabei hatte die Welt erwartet, der Präsident würde die WM zu Putin-Spielen ausgestalten. Einmal, beim 5:0-Auftaktsieg gegen Saudi-Arabien, war er im Stadion. Danach musste es ohne ihn laufen. Auch im Achtelfinale gegen Spanien. War ja nicht zu erwarten gewesen, dass seine Russen die Señores nach Hause schicken. Und am Samstag gegen Kroatien? Der Kreml verbreitet ein kühles „Njet“.
Möglich, dass Putin nicht wieder nur neben seinen zwangsgeladenen Ost-Präsidenten und dem zweifelhaft beleumundeten Fifa-Boss Gianni Infantino sitzen möchte. Da bleibt er lieber im Kreml und arbeitet für Russland. Er stemmt Gewichte, trainiert seinen Oberkörper und lässt bis tief in die Nacht das Licht brennen.