Ein nobler Herr im Frack in der Synagoge
Gitarrist Legnani verzaubert mit seelenvollem Spiel
Binswangen
Die Zeiten der Konzertgitarre sind nicht vorbei. Obwohl dies der renommierte Musiker Roberto Legnani in Binswangen selbst einmal befürchtete, als sein Auftritt nur mäßig frequentiert war. Der begnadete Gitarrist, dessen Konzerte im In- und Ausland immer wieder begeistert gefeiert werden, kommt trotzdem weiterhin gerne in die Alte Synagoge. Die Begegnungen mit ihm und der wunderbaren Cellistin Ariana Burstein bei den Europäischen Tagen der jüdischen Kultur sind jeweils Sternstunden für die schwäbischen Musikfreunde. Diesmal erschien Legnani zu einem Solokonzert. Der Magier auf sechs Saiten faszinierte mit Klängen von sphärischer Schönheit. Noten braucht er keine. Sie haben in seinem Kopf eine Bleibe.
In der kleinen Dorfsynagoge von Binswangen fühlt sich der Künstler, der im einstigen Gotteshaus die jüdische Kopfbedeckung Kippa trägt, offensichtlich besonders wohl. Der Farbenreichtum seiner Musik fasziniert die Konzertbesucher genauso wie die mächtig auftrumpfenden Passagen der akustischen Gitarre. Die Virtuosität des außergewöhnlichen Künstlers klingt immer wieder lange bei seinem Auditorium nach. Legnani ist ein faszinierender musikalischer Geschichtenerzähler von europäischem Rang.
Bei „Recuerdos de la Alhambra“von Francisco Tarrega sieht sich jeder Spanienkenner körperlich fühlbar in die märchenhaften Gärten der Mauren mit ihren schönen Brunnen versetzt. Die wunderbaren Eigenschöpfungen Legnanis wie „Moods from the Song of King David“bleiben Musikfreunden sicher in der Erinnerung.
Roberto Legnani gilt als „Meister des sauberen Tons“, einer seltenen Technik unter Gitarristen, die von anderen Musikern vielfach bewundert wird. Die eindringliche Atmosphäre, die er mit seinen gewaltigen Klangbildern und feinen Farbnuancen in der Synagoge schafft, lässt wohl keinen Zuhörer unberührt. „Ich habe mehrmals bei dieser Musik eine Träne verdrückt“, verrät eine Konzertbesucherin am Ende der besonderen Begegnung mit dem Ausnahmegitarristen.
Selten sieht man so viele Konzertbesucher mit geschlossenen Augen dem Programm folgen. „Entrada al Generalife y Romanza Espanola“bezirzt die Zuhörer besonders, denn die Töne, die Legnani seiner neuen nur 700 Gramm schweren Gitarre entlockt, kommen träumerischzärtlich und wie hingehaucht daher. Temperamentvolle Stücke aus Brasilien, Argentinien und Uruguay, unter ihnen eine Milonga, die Vorläuferin des Tango, bereichern den sommerlichen Konzertabend in der Synagoge.
Roberto Legnani dankt dem Publikum für den ehrerbietigen Applaus mit zauberhaften Sonaten. Der noble Herr im Frack verneigt sich tief. Die Freude über den Beifall blitzt in seinen Augen auf.