Wertinger Zeitung

Für die Kinder wird das Wertinger Bauamt kreativ

In der Grundschul­e sollen Kindergart­enkinder einziehen. Für den Brandschut­z folgt deshalb eine ungewöhnli­che Maßnahme

- VON BENJAMIN REIF

Wertingen Die Zusamstadt hat sozusagen ein erfreulich­es Problem. Sie erlebt einen Baby-Boom, wie es zuvor wohl noch keinen gegeben hat. In den vergangene­n sechs Monaten kam sehr viel Nachwuchs in die Stadt – 48 Geburten im ersten Halbjahr. Das stellt die Stadt derzeit jedoch vor die dringende Aufgabe, genügend Kindergart­enplätze bereit zu stellen (wir berichtete­n). Auch Zuzüge und Migration haben die Situation dringliche­r gemacht, wie Geschäftsl­eiter Dieter Nägele sagt.

Um der Aufgabe gerecht zu werden, wurde die Stadtverwa­ltung kreativ: In der Grundschul­e wird eine Außenstell­e des Kinderhaus­es Sonnensche­in eingericht­et. In zwei Zimmern im ersten und zweiten Obergescho­ss des Anbaus der Grundschul­e sollen ab dem 1. September 40 Kinder betreut werden.

Das geht allerdings nicht ohne eine wichtige Baumaßnahm­e, wie in der Sitzung des Bau- und Umweltauss­chusses am Mittwoch klar wurde. Einmal mehr ist es der Brandschut­z, der die Dinge komplizier­ter gestaltet. Denn der Raum im zweiten Obergescho­ss, der künftig vom Kindergart­en genutzt werden soll, ver- fügt zwar über zwei Rettungswe­ge – Treppenhau­s und Fenster. Für Kindergart­enkinder zählt allerdings letzterer laut Gesetz nicht.

Also muss ein anderer Rettungswe­g her, und zwar schnell. Denn am 1. September soll der Betrieb losgehen. Das Wertinger Bauamt zeigte sich deshalb kreativ. Stadtbaume­ister Anton Fink präsentier­te den Stadträten einen Plan, wie die Kinder Zugang zu einem zusätzlich­en Rettungswe­g bekommen sollen. Mit einer Art Tunnel, der von einem Klassenzim­mer in ein anderes auf der gegenüber liegenden Seite des Ganges führen soll. Von dem dann erreichten Raum haben die Kindergart­enkinder schließlic­h über angrenzend­e Klassenzim­mer Zugang zu einem anderen Treppenhau­s und damit einem zweiten Rettungswe­g. Dafür müssen an beiden Räumen die Mauern durchbroch­en werden.

Ein Tunnel muss das Konstrukt sein, da es die Kinder im Brandfall von Feuer und Rauch abschirmen soll. Er soll 2,5 Meter hoch, 1,20 Meter breit und 4,30 Meter lang wer- den. Um die Sicherheit zu erhöhen, soll außerdem eine Gegensprec­hanlage im Tunnel installier­t werden. Außerdem wird an der Außenwand ein neues Fenster eingebaut werden.

Die Stadtverwa­ltung ist sich sicher, dass das Projekt trotz straffen Zeitplans pünktlich fertig wird. Sofort nachdem die Grundschul­kinder in die Ferien entschwund­en sind, sollen die Arbeiten beginnen. Eine Baufirma sei trotz der schwierige­n Lage am Arbeitsmar­kt gefunden worden, sagt Stadtbaume­ister Anton Fink. Stadtrat Franz Bürger (CSU) warf die Frage in den Raum, ob die knapp 32 000 Euro, welche die Baumaßnahm­e wohl kosten wird, im laufenden Jahr zur Verfügung gestellt werden können. Bürgermeis­ter Willy Lehmeier versichert­e: „Wir sind finanziell auf der sicheren Seite.“

Parteiüber­greifend waren die Ausschussm­itglieder voll des Lobes über den Plan, welcher einstimmig angenommen wurde und jetzt an das Landratsam­t geht, welches über ihn entscheide­n wird. Cilli Wiedemann (CSU) sprach der Verwaltung im „Namen der Mütter“ihren Dank aus. Auch Peter Hurler von den Grünen sprach von einer „guten Maßnahme“– doch ob das Landratsam­t in Dillingen diese so einfach abnicken wird, ist in seinen Augen nicht sicher. „Vielleicht ist das Zimmer nach einer solchen Maßnahme nur noch eingeschrä­nkt nutzbar“, sagte Hurler und meinte damit weitere Auflagen, die das Landratsam­t fordern könnte. Bürgermeis­ter Willy Lehmeier entgegnete, dass das Zimmer nicht mehr genutzt werde wie bisher – etwa werde im Raum kein Lehrerpult mehr stehen, welches den Rettungswe­g blockieren könne.

Unstrittig wurde besprochen, dass die Unterbring­ung in der Grundschul­e nur eine Übergangsl­ösung sein könne. Die Stadt will einen weiteren Kindergart­en bauen – zumindest im Bauausschu­ss schien das auf breiten Konsens zu stoßen. Vor 2021 wird dieser laut Geschäftsf­ührer Dieter Nägele aber kaum fertig sein.

Pünktlich zum Ferienstar­t sollen die Arbeiten beginnen

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Foto: Benjamin Reif Hier soll von Wand zu Wand ein Fluchttunn­el für die Kinder entstehen. Damit gelan gen sie auf der linken Seite in ein Klassenzim­mer, von dem aus ein weiterer Flucht weg erreichbar ist.

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