Eine neue Führung für den TSV Wertingen
Die Lage hatte sich über die vergangenen Jahre dramatisch zugespitzt: Lange waren keine Nachfolger für den scheidenden Vorstand gefunden worden. Das neue Team repräsentiert viele Bereiche des Vereins
Nach zwei Jahren der Angst und der Suche nach Freiwilligen ist gestern der neue Vorstand des Vereins gewählt worden.
Wertingen Es war am Sonntagabend vielen Mitgliedern des TSV Wertingen anzusehen, wie die Anspannung der vergangenen Monate von ihnen abfiel. Als die vier anwesenden Mitglieder des neuen Vorstands ihre Wahl annahmen, sorgten sie damit für das Happy End eines Thrillers, der seinen Anfang schon 2015 genommen hatte. Damals hatte das Präsidium um Bernhard Rauch als Vorsitzenden verkündet, dass es für eine kommende Wahl nicht mehr zur Verfügung stehen würde. Dann folgte erst lange gar nichts – bis es wirklich ernst wurde.
Roland Stoll ist neuer Präsident des Wertinger Vereins, der mit elf Abteilungen und 1350 Mitgliedern einer der größten in ganz Nordschwaben ist. Der ehemalige Handballspieler arbeitet im Vorstand mit Hermann Schneemeier (Fußball), der bei der Sitzung nicht anwesend war, und Stefanie Straub (Turnen) als stellvertretende Vorsitzende zusammen. Komplettiert wird das neue Präsidium mit Schatz- meister Udo Höhn (Schach) und Schriftführer Ulrich Kempter (Handball). Bernhard Rauch sagte gegenüber unserer Zeitung: „Es ist schön, dass ein so vielfältiges Team die Arbeit übernimmt.“Er und seine Kollegen würden alles daran setzen, eine geordnete Übergabe an den neuen Vorstand zu vollziehen.
Geordnet lief in den vergangenen Jahren nicht alles im Verein ab, wenn man nach den Aussagen diverser Vereinsmitglieder geht. Der neue Vorsitzende Roland Stoll definiert sein wichtigstes Ziel in der neuen Rolle so: „Die einzelnen Abteilungen haben verstärkt ihr eigenes Ding gemacht. Wir wollen das Gemeinschaftsgefühl stärken.“Stoll, der selbst rund 15 Jahre für den TSV Handball gespielt hat, will dafür künftig alle Abteilungen mindestens vier Mal im Jahr zusammentrommeln und gemeinsame Ziele definieren. Der Teamgeist sei noch lange nicht verschwunden. Bei einem wichtigen Spiel der Handballer im April in Meitingen, als die Mannschaft um den Verbleib in der Liga kämpfte, kamen zahlreiche Vereinsmitglieder zur Unterstützung – auch aus anderen Abteilungen. „Da hatte die Mannschaft ein Heimspiel in Meitingen“, sagt Stoll.
Hinsichtlich der Kommunikation äußerte er direkt nach der Wahl einen Wunsch an seine Vereinskollegen: „Wenn etwas ist, wenn es Wünsche oder Kritik gibt, kommt damit gleich zu uns.“
Der 39-Jährige macht keinen Hehl daraus, dass er des Vereins wegen Verantwortung übernimmt. Eigentlich war er nach eigenen Worten „nie scharf auf den Posten“. Doch die Lage spitzte sich langsam, aber sicher zu, nachdem das „alte“Präsidium schon 2015 bekannt gab, nicht mehr weitermachen zu wollen. Bernhard Rauch beschreibt es so: „Da haben die Leute gesagt: ‘Ist ja noch drei Jahre hin’. 2016 haben sie gesagt: ‘Ist ja noch zwei Jahre hin’. Und dann wurde es langsam ernst.“Um Nachfolger zu finden, gründete sich eine Findungskommission. Als die Zeit verstrich und es keine Anzeichen dafür gab, willige Nachfolger zu finden, wurde eine Sondersitzung einberufen. In dieser stellte Rauch noch einmal klar, was es bedeuten würde, wenn keine Nachfolger zur Wahl antreten würden. Zunächst wäre der Verein ein Jahr lang von einer Anwaltskanzlei zwangsverwaltet worden. Nach diesem Jahr hätte die Auflösung gedroht. „Ich konnte es nicht mehr mit anhören, wie da darüber gesprochen wurde, dass der Verein zu Grunde geht“, erklärte Stoll vor der Wahl seine Motivation. Dafür erhielt er kräftigen Applaus.
Es brauchte solche Dramatik, um Stoll und seine neuen Kollegen zu motivieren, in den Vorstand zu gehen. Gemeinsam habe sich in den Gesprächen das Gefühl verbreitet, dass der Verein eine gute Führung bekomme. Roland Stoll fühlt sich jedenfalls von seinen Kollegen gut unterstützt und sagt über seine eigene Rolle: „Ich bin sicher, dass wir da gut hineinwachsen.“Bürgermeister Willy Lehmeier teilte diese Vermutung und sagte bei seiner Gratulationsrede augenzwinkernd: „Heute werdet ihr beklatscht, morgen geschimpft, und am Schluss werden sie euch gar nicht mehr gehen lassen wollen.“