Schulter ist nicht immer Schulter
Die Schwenninger Physiotherapeutin und Athletiktrainerin Sonja Senger betreut Teams im Leistungssportbereich – und betrachtet dabei den Menschen ganzheitlich
Landkreis „Sieben Uhr in der Früh?“Die kurzfristige Terminfindung für das Gespräch mit der Heimatzeitung ist zunächst gar nicht so einfach. Schließlich hat der Arbeitstag von Sonja Senger manchmal 16 Stunden. „Aber sieben Uhr ist kein Problem. Ich bin eh ein Morgenmensch!“Am gestrigen Dienstag reihte sich im Anschluss Patient an Patient im beruflichen Tagesablauf der Physiotherapeutin und Athletiktrainerin. Schon am Freitag fliegt die 40-Jährige dann für eine Woche zur britischen Meisterschaft der Nachwuchsgolferinnen nach Nordirland. Dort betreut sie die Mädchen des deutschen Junior-Teams, mit denen sie heuer schon in Dublin sowie Anfang Juli in Schweden unterwegs war. Sonja Sengers Berufsleben hat zwei Standbeine: ihre Schwenninger Privatpraxis sowie die Betreuung auf Honorarbasis bei Sportverbänden und Vereinen.
Bleibt neben Ihrem Beruf eigentlich noch Zeit, um selbst Sport zu treiben? Senger: Wenig. Trotzdem gehe ich vier-, fünfmal die Woche zum Joggen, am Wochenende gerne auch kurz vor sechs Uhr morgens. Im Beruf habe ich ja ständig viele Leute um mich herum. Beim morgendli- chen Laufen kann ich die Ruhe genießen, Gedanken sortieren. Diese Zeit gehört dann mir. Im Vergleich zu den Leistungssportlern bin ich da aber ein kleines Würstchen, wenn man sieht, was die trainieren.
Wo sind Sie beruflich im Leistungssport tätig, wie kam es dazu? Senger: Jemand kennt jemand, der jemanden kennt, der mich kennt. Da wird man dann empfohlen und es entsteht der Kontakt. Mein erstes Engagement waren die Telemarker beim Deutschen Skiverband, wo ich jetzt bei den Skicrossern die Lehrgangsgruppe zwei begleite. Bei den Golfern habe ich mal eine Fortbildung gemacht und dabei den Bundestrainer Athletik kennengelernt. Dort habe ich dann erst die DamenNationalmannschaft betreut und bin jetzt bei den Mädchen im Einsatz. Außerdem: in der Softball-Bundesliga für das Damenteam der München-Haar Disciples. Und Einzeltraining als Athletiktrainerin bei den Bundesliga-Golferinnen des GC Valley, das ist in der Nähe von München.
Golf spielen Sie selbst ja auch … Senger: Stimmt, beruflich sehe ich viele schöne Plätze. Privat bin ich eine Hobby- und Genussspielerin. Da geht es ab und zu mal auf die Plätze nach Donauwörth, Hochstatt bei Dischingen oder mit meinem Sohn nach Dillingen. Anfangen mit dem Golf habe ich bei einem Allgäuer Verein, wo ich auch DGV-Spielleiterin war.
Sie sind gebürtige Tapfheimerin, verheiratet und haben einen achtjährigen Sohn. Wie kamen Sie nach Schwenningen? Senger: Wir haben dort gebaut. Jetzt betreibe ich in Schwenningen meine Privatpraxis als Physiotherapeutin und Athletiktrainerin. Ich mache lokal auch viel im Betriebssport, für Kinder und Leistungsdiagnostik.
Aus welchen Sportarten kommen Ihre Patienten. Welche Verletzungen sind häufig? Senger: Kreuzbänder, Sprunggelenke. Wir sind ja eher eine FußballGegend hier. Also Fußballer. Ich habe aber auch relativ viele Jogger und Golfer in Behandlung, weil das von der Belastung her einseitige Sportarten sind. Und sogar eine Autocrosserin, die bei mir Athletiktraining macht. Insgesamt kann man sagen, dass das Bewusstsein der Menschen für den eigenen Körper und die Gesundheit geschärfter ist. Ich betrachte den Menschen ganzheitlich, um die Gründe für Beschwerden zu finden. Nicht immer ist die Schulter auch die Ursache für das Problem, wenn die Schulter wehtut.
Wie hoch ist Ihre Arbeitsbelastung in der Praxis oder wenn Sie mit Verbandsteams unterwegs sind? Senger: An diesem Montag zum Beispiel war ich von 7.30 Uhr bis 20.30 Uhr in der Praxis, mit einer Stunde Pause daheim. Andere Arbeitstage haben nur fünf Stunden, etwa Reisetage mit Verbandsteams. Da gibt es dann aber auch wieder 16-StundenTage. Das kann mit einem Anruf morgens um drei Uhr beginnen, wenn die Halsschmerzen schlimmer geworden sind. Ich habe eine ganze Apotheke dabei und schaue mir die Beschwerden erst mal an, bevor eventuell ein Arzt hinzugezogen werden muss. Bei den Golfern zum Beispiel startet normalerweise um 6 Uhr morgens die Aktivierung, Tapes kleben und solche Sachen. Ich gehe anschließend als Erste mit auf die Driving Range und bin den ganzen Tag auf dem Platz. Wenn meine Hilfe gefragt ist, wechsle ich dort schnell mal von Spielbahn neun auf dreizehn. Nach dem Abendessen beginnen die physiotherapeutischen Behandlung, da kann es dann schon mal 23 Uhr werden. Und ein bisschen bin ich dabei auch für die Psyche zuständig. Wie beim Friseur halt (schmunzelt) …