Vier schlagen auf einen Einzelnen ein
Eine Körperverletzung vor einer Dillinger Kneipe wird in Augsburg aufgearbeitet
Dillingen Vier Angeklagte, ein Strafmaß: Weil sie einen 54-Jährigen nach einem Kneipenbesuch in der Dillinger Donaustraße geprügelt und verletzt hatten, wurden jetzt vier Männer am Augsburger Amtsgericht zu je 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Zudem müssen sie dem Geschädigten je 500 Euro Schmerzensgeld zahlen und 1000 Euro an die Hilfsorganisation „Weißer Ring“überweisen.
Der 36-jährige Dillinger voran, danach der 32-Jährige aus Winterbach, gefolgt vom 30-Jährigen aus Gundelfingen und zuletzt der 48-jährige Holzheimer: Nacheinander verlassen die vier die Anklagebank, reichen dem 54-jährigen Stadtarbeiter aus Dillingen die Hand, bitten ihn um Verzeihung. Eine angemessene Entschuldigung, das war einer der Bestandteile einer „verfahrensvereinfachenden und -beschleunigenden Vereinbarung“. Diesen „Deal“hatten die vier Rechtsanwälte der Angeklagten, die Vertreterin des geschädigten Nebenklägers Mandana Mauss, Staatsanwältin Gudrun Wagner und Richter Thomas MüllerFroelich hinter verschlossener Tür ausgehandelt.
Weitere Bestandteile: Dafür, dass sie ein vollumfängliches Geständnis abgelegt hatten, bekamen die vier eine Haftstrafe zwischen zwölf und maximal 18 Monaten Gefängnis zugesichert. Vereinbart wurden auch die Zahlungen an den Geschädigten und einen guten Zweck.
Anlass des Prozesses: Im März 2016 waren die vier Angeklagten mit dem Geschädigten vor einer Dillinger Kneipe aneinandergeraten. Er sei auf dem Heimweg nach dem Kegeln nachts um 1 Uhr noch auf einen Absacker in das Lokal eingebogen, so der Geschädigte. Dann, gegen 3.40 Uhr vor der Kneipe, wurde er plötzlich von den vier Angeklagten erst geschubst, dann geschlagen, zu Boden gestoßen, mit den Füßen getreten und zuletzt mit dem Kopf gegen die Scheibe einer benachbarten Pizzeria geworfen. So hatte es der Geschädigte gegenüber unserer Zeitung geschildert, so lautete es auch in der Anklageschrift. Dass es so war, bestätigte eine als Zeugin geladene 22-Jährige, die ebenfalls Gast in der Kneipe war, sich damals zwischen die Parteien gestellt und wohl Schlimmeres verhindert hatte.
Das Warum dieser Tat war es, das den Geschädigten am meisten entsetzte, das ihn zu seiner Strafanzeige veranlasste, das ihm aber nicht schlüssig beantwortet wurde. Lag es allein am Alkohol, der unstrittig reichlich geflossen war? Ihre Mandanten hätten bereits gegen 14 Uhr zu trinken begonnen, führten die Rechtsanwälte Frank Thaler und Jörg Seubert aus. Am Abend sei es dann in die Kneipe gegangen, wo man weitermachte, bis es zu der Straftat in der Nacht gekommen war.
Noch im Feiermodus hatte sich der Mandant von Verteidiger Bernd Scharinger befunden, der am Vortag Geburtstag gehabt hatte. „Eine gewisse Unschärfe in der Erinnerung“diagnostizierte schließlich Rechtsanwalt Florian Engert dem vierten Angeklagten, bei dem der Durst ebenfalls groß gewesen war. Gleichwohl plädierten alle vier Verteidiger für eine Strafe am unteren Rand des vereinbarten Rahmens – ein Jahr Haft auf Bewährung –, schließlich hätten ihre Mandanten über zwei Jahre unter der unklaren Situation des bevorstehenden Verfahrens gelitten.
Gelitten habe auch der Geschädigte, so dessen Rechtsanwältin. Sie hielt den Angeklagten vor, dass sie keine Heranwachsenden mehr seien, sondern gestandene Männer. Sie sollten sich doch in die Situation ihres Mandanten versetzen und sich überlegen, welche Schmerzen, welche Angst sie ihm bereitet hätten. Mandana Mauss erklärte auch, weswegen ihr Mandant einem strafmildernden „Täter-Opfer-Ausgleich“zunächst reserviert gegenübergestanden hatte. Er sei nicht auf Geld aus gewesen, sondern er habe eine Erklärung für den Überfall erwartet und die Bestätigung des Gerichts, „dass man so etwas nicht machen darf“. Staatsanwältin Wagner hatte in ihrem Plädoyer jeweils eine Strafe von 18 Monaten Haft gefordert. Vier gegen einen, das sei eine schlimme Situation für den Einzelnen. Und die vier Täter hätten „ausnehmend brutal“zugeschlagen. Vier Wochen sei der Geschädigte krank gewesen, bis heute leide er unter seinen Verletzungen.
Richter Müller-Froelich zielte mit seinem Urteil in die Mitte der Plädoyers, 15 Monate Haftstrafe auf Bewährung sah er als angemessene Strafe an.
Ob es allein der Enthemmung durch den Alkohol zuzuschreiben sei, dass es zu der gefährlichen Körperverletzung gekommen sei, habe nicht abschließend ergründet werden können. Die Tat sei aber durchaus als brutal zu bezeichnen, weswegen eine Haftstrafe, gleichwohl aussetzbar zur Bewährung, angebracht sei.
Schließlich nahm der Richter gegen den 32-jährigen Angeklagten einen Haftbefehl zurück. Der war wegen Verdunkelungsgefahr ausgestellt worden, nachdem der Mann eine Zeugin zu beeinflussen versucht hatte. Weil das Urteil auf einer Verfahrensabsprache beruhe, könne es nicht sofort, sondern frühestens eine Woche nach dem Urteilsspruch rechtskräftig werden.
Für ihr Geständnis gab es für die Männer mildere Strafen