Absaufen lassen als christliche Lösung?
Heute von Diakon Xaver Käser, Pfarreiengemeinschaft Dillingen
Leserinnen und Leser,
was für eine seltsame Welt! Da werden in Thailand ein Dutzend Buben aus einer überfluteten Höhle gerettet, die ganze Welt nimmt tagelang Anteil und leidet mit.
Im gleichen Zeitraum werden dutzendweise Menschen von Rettungsschiffen aus dem Mittelmeer gefischt, keiner nimmt Anteil, keiner leidet mit, keiner will sie haben, ganz im Gegenteil, da wird auf Demonstrationen im Chor gerufen „Absaufen lassen!“
Wohlgemerkt auf Demonstrationen, die das christliche Abendland vor dem bösen Islam bewahren wollen. Welches christliche Abendland wollen wir denn verteidigen?
Wer Kreuze aufhängt und Kerzen anzündet, sollte zumindest vorher einmal in die Bibel schauen und we- die Bergpredigt (Matthäus Kapitel 5 bis 7) lesen.
In seinem neuesten apostolischen Schreiben „Gaudete et exsultate“nennt Papst Franziskus die Seligpreisungen den „Personalausweis des Christen“. Und die Barmherzigkeit nennt er „das pulsierende Herz des Evangeliums“. Mich stimmt das traurig, wenn ich sehe, wie unbarmherzig und unchristlich wir Christen geworden sind. Bei den Sprechchören „Absaufen lassen!“denke ich an die Sprechchöre „Kreuzige ihn!“
Und ich stelle mir vor, Maria hätLiebe te in Maria Vesperbild nicht ihren toten Sohn auf dem Schoß, sondern einen ertrunkenen Flüchtling.
Würden wir dann auch zu ihr wallfahren? Wir haben diese Woche an den Mauerbau in Berlin gedacht und an die Tragödien, die sich dort abgespielt haben. Am 9. November werden wir wieder an den Mauerfall denken und an die Euphorie, die danach ausgebrochen ist.
Haben wir aus der Geschichte nichts gelernt? Jetzt beginnt ganz Europa sich abzuschotten. Mauern und Stacheldraht sind doch auf die Dauer keine Lösung. Auch die Abschottung in unseren Köpfen bringt uns nicht weiter.
Solange wir den afrikanischen Kontinent ausbeuten, werden Menschen, die dort keine Perspektive mehr haben, zu uns kommen wolnigstens len. Jeder von uns kann durch einen bewussten Lebensstil mithelfen, die Fluchtursachen zu beseitigen, vielleicht gibt es dann doch irgendwann einen Gedenktag des europäischen Mauerfalls.
Übrigens: Flüchtlinge (die nennt man jetzt ja „illegale Migranten“) sind keine bedrohliche Masse, sondern Menschen mit einem besonderen Schicksal, das uns nicht gleichgültig lassen kann.
Und dass ein Volk mit 82 Millionen Einwohnern von derzeit zwei Millionen Flüchtlingen an den Rand seiner Existenz getrieben wird, kann mir niemand weismachen.
Viel Barmherzigkeit wünscht Ihnen
Ihr