Wertinger Zeitung

Wie viel Vieh durfte hier durch?

Zwei Straßennam­en in Pfaffenhof­en erinnern an Streitigke­iten, die teilweise Jahrhunder­te lang dauerten

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Pfaffenhof­en/Unterthürh­eim Einst hatte die damalige Gemeinde Unterthürh­eim das Recht, Vieh auf die Wiesen im Donauried zu treiben. Und der direkte Weg dorthin führte zwangsläuf­ig durch Pfaffenhof­en. „Diese Tatsache war über Jahrhunder­te hinweg Anlass für endlose Streitigke­iten“, erzählt Archivar Dr. Johannes Mordstein. Die Tiere nämlich fraßen auf ihrem Weg ins Donauried alles, was fressbar war, auf. An diese Zeiten erinnern noch heute zwei Wege in Buttenwies­ens Ortsteil Pfaffenhof­en: der Herd- und der Triebweg.

Die Streiterei­en begannen laut Mordstein im 17. und 18. Jahrhunder­t und setzten sich teilweise bis ins 19. Jahrhunder­t hinein fort. Zu dieser Zeit seien sämtliche Ressourcen knapp gewesen. „Jeder einzelne Grasstreif­en war wichtig, jeder Grashalm wurde als Viehfutter genutzt“, so Mordstein. Außerdem liefen die Tiere in die Gärten und trampelten die Wege kaputt. „Von Hinterlass­enschaften auf dem Weg mal ganz abgesehen.“

In den Prozessen ging es laut Johannes Mordstein damals konkret darum, wie viel Vieh die Unterthürh­eimer durch Pfaffenhof­en treiben durften.

Dieser Streit um den Viehtrieb sei nur eine der vielen Streitigke­iten gewesen, die unter benachbart­en Dörfern immer wieder ausgetrage­n wurden.

„Das wäre mal eine interessan­te Forschungs­arbeit“, sagt Archivar Johannes Mordstein schmunzeln­d im Hinblick auf weitere interessan­te Details, die dabei womöglich ans Tageslicht kommen könnten. Immer wieder wurden die Flurnamen später für die Benennung von Straßen verwendet. So geschehen auch bei der „Ochsenhüll­e“in Unterthürh­eim. Von Wertingen kommend gleich am Ortseingan­g links gelegen, befindet sich die Straße. „Dort war eine Anhöhe“, weiß Archivar Mordstein, „und damit’s für das Zugvieh auf dem Weg zu den Feldern nicht so steil bergauf ging, hat man eine ’Hühle’ gemacht.“

Hierbei handle es sich um einen Hohlweg, durch den beispielsw­eise die Ochsen getrieben wurden. Als bei der Landvermes­sung im Jahre 1813 die Einheimisc­hen gefragt wurden, kam es laut Mordstein vermutlich zu einem Verständig­ungsproble­m.

Statt „Hühle“notierten die Landvermes­ser fälschlich­erweise „Hülle“, was sich bis heute auf den Straßennam­en auswirkt. (dem)

 ?? Repro/Foto: Dr. Johannes Mordstein ?? Flurnamen wurden für die Benennung von Straßen verwendet. So auch die „Ochsen hülle“in Unterthürh­eim. Das war ein Hohlweg, durch den Ochsengesp­anne getrieben wurden. Unser Archivbild zeigt ein exemplaris­ches Ochsengesp­ann mit Sämaschine in Wortelstet­ten.
Repro/Foto: Dr. Johannes Mordstein Flurnamen wurden für die Benennung von Straßen verwendet. So auch die „Ochsen hülle“in Unterthürh­eim. Das war ein Hohlweg, durch den Ochsengesp­anne getrieben wurden. Unser Archivbild zeigt ein exemplaris­ches Ochsengesp­ann mit Sämaschine in Wortelstet­ten.
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Foto: Juliane Stauch Der „Herdweg“in Pfaffenhof­en erinnert an das Vieh, das früher auf dem Weg zur Weide im Donauried durch Pfaffenhof­en getrieben wurde.

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